ichererbsen   Der heftigste  Konflikt zwischen der römischen Kurie und dem Königreich Sizilien brach am 22. Januar 1711 aus: wegen einer Handvoll Kichererbsen, die zwei Aufseher von der Lebensmittelüberwachung der Gemeinde Lipari (ihre Namen - Giambattista Tesorero und Giacomo Cristò - sind durch die päpstlichen »Breven« der Nachwelt überliefert) einem Händler, der die Erbsen im Auftrag des Bischofs feilbot, als Steuer abverlangten. Bischof von Lipari war der vor kurzem ernannte Monsignore Nicolò Tedeschi. Kaum hatte er von dieser, seiner Meinung nach unrechtmäßigen Eintreibung Nachricht erhalten, entbrannte er »in solch heftigem Zorn, daß er, zum tobenden Ätna geworden, ein Feuer wüstester Drohungen auszuspeien schien«. Um ihn wieder zu beruhigen, wiesen die Gemeindebehörden von Lipari die beiden Aufseher an, die achthundert Gramm Kichererbsen zurückzugeben. Doch die Rückgabe genügte dem Monsignore nicht. Er wollte, daß die Behörden das Handeln der Aufseher für unrechtmäßig erklärten und sich offiziell bei ihm entschuldigten. Als dies verweigert wurde, schleuderte er gegen die beiden Aufseher wegen Verletzung der Steuerfreiheit von Kirchengütern den Bannstrahl.

Das Tribunal der Königlichen Monarchie, das die Aufseher anriefen, setzte die Maßnahme der Exkommunikation aus. Der Bischof eilte nach Rom und erhielt uneingeschränkte Zustimmung zu seinem Handeln, einen Brief, der das Tribunal der Königlichen Monarchie für unzuständig erklärte, und, mit dem Befehl zur Veröffentlichung, einen zweiten an das sizilianische Episkopat, der dieser Position Nachdruck verlieh. Doch um den Brief zu veröffentlichen, benötigten die Bischöfe die Erlaubnis desselben Tribunals, das im Brief angegriffen wurde. Einige Bischöfe ersuchten um diese Erlaubnis (natürlich erfolglos), andere machten den Heiligen Stuhl auf die Folgen aufmerksam, die die Veröffentlichung des Briefs nach sich ziehen könnte (was naiv war, denn der Heilige Stuhl hatte die Folgen ja gerade einkalkuliert); die Bischöfe von Catania, Girgenti und Mazara veröffentlichten ihn unverzüglich. An diesem Punkt bat der Vizekönig Carlo Antonio Spinola die sachkundigsten sizilianischen Kleriker um eine Stellungnahme zur Kontroverse: neunundfünfzig hochgelehrte Theologen erklärten die Verfügung des Tribunals für rechtmäßig und die Forderungen des Heiligen Stuhls für unrechtmäßig. Nachdem diese Erklärung gedruckt und verbreitet war, ließ der Vizekönig eine Bekanntmachung folgen, die sämtliche von außen kommenden und von der königlichen Behörde nicht gebilligten Maßnahmen für nichtig erklärte. Der Bischof von Catania reagierte prompt: Er erklärte die Bekanntmachung des Vizekönigs für nichtig und die darin enthaltene Auffassung für »dreist, erschreckend, skandalös und schädlich«. Der Vizekönig ordnete die Ausweisung des Bischofs von Catania aus dem Königreich an; und gleich darauf die der Bischöfe von Girgenti und Mazara. Bei ihrer Ausreise belegten die drei Bischöfe ihre Diözesen jeweils mit dem Interdikt und verhängten den Kirchenbann gegen Richter und Polizeibeamte usw. ... - Leonardo Sciascia, Mein Sizilien. Berlin 1995 (Wagenbach, 53. Salto)

 

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