ernspruch
Unbildung überwiegt bei weitem unter den Menschen und leerer Wortschwall;
aber der rechte Zeitpunkt wird das Seinige tun. Richte
deine Gedanken auf etwas Edles. Nicht unbedacht erstatte deinen Dank. Die Töchter,
sagte er, müsse man verheiraten, wenn sie noch in jungfräulichem Alter stünden,
aber an Einsicht doch schon Frauen wären; womit er andeutete, daß auch die Mädchen
der Bildung teilhaftig werden müssen. Den Freund, sagte er, müsse man durch
Wohltaten erfreuen, um die Freundschaft zu festigen; den Feind aber müsse man
sich zum Freunde machen. Denn man müsse sich hüten wie vor dem Tadel der Freunde
so vor den Nachstellungen der Feinde. Ferner: Verläßt jemand sein Haus, so gebe
er sich erst Rechenschaft von dem, was er tun will; tritt er wieder ein ins
Haus, von dem, was er getan hat. Er gab den Rat, man solle fleißig den Körper
üben, mehr darauf aus sein, zu hören als zu reden, lieber lernbegierig als ungelehrig
sein, die Zunge vor Lästerung bewahren, mit der Tugend vertraut, dem Laster
fremd sein, Unrecht meiden, dem Staate das Beste raten, Herr sein über die Lust,
nichts mit Gewalt durchsetzen, die Kinder erziehen, Feindschaft beilegen, mit
der Frau nicht zärtlich sein, aber auch nicht zanken in Gegenwart anderer, das
eine sei Unverstand, das andere Tollheit. Einen betrunkenen Sklaven nicht züchtigen,
denn das erwecke den Verdacht eigener Trunkenheit; sich eine Frau aus gleichem
Stande wählen, denn wählst du sie aus höherem Stand, dann machst du dir die
Verwandten zu Gebietern. Nicht lachen über die, die verspottet werden,
denn das mache uns bei den Betroffenen verhaßt. Lächelt dir das Glück, so sei
nicht übermütig. Geht es dir schlecht, so laß dich nicht zu Boden werfen. - Kleobulos, nach
(diol)
Kernspruch
(2) Mit der Notwendigkeit kämpfen seihst die Götter
nicht. Das Herrscheramt zeigt, was am Manne ist. Einstmals befragt, was das
Beste sei, gab er zur Antwort: „Sich mit dem gerade
Vorliegenden gut abfinden." Und vom Kroisos gefragt, welche Herrschaft
die mächtigste sei, antwortete er, „Die des bunten Holzes", womit er das
Gesetz meinte. Er mahnte auch dazu, die Siege ohne Blut zu gewinnen. Zu einem
Phokäer, der die Äußerung tat, man müsse einen wahrhaft tugendhaften Mann suchen,
sagte er: „Du magst noch so sehr suchen, du wirst ihn doch nicht finden."
Auf die Frage einiger, was besonders willkommen sei, erwiderte er, „die Zeit";
was dunkel, „die Zukunft"; was zuverlässig, „die Erde"; was unzuverlässig,
„das Meer". Ferner: Verständige Männer müssen vor Eintreten der Widerwärtigkeit
durch kluge Voraussicht sorgen, daß sie überhaupt nicht eintrete, tapfere Männer
aber müssen, wenn das Unglück eintritt, sich auf gute Weise damit abfinden.
Was du tun willst, darfst du nicht im voraus sagen, denn mißlingt's, so wirst
du ausgelacht. Niemandem darf man sein Unglück zum Vorwurf machen, denn das
wird sich rächen. Hast du etwas zur Aufbewahrung empfangen, so gib es auch wieder
zurück. Mache den Freund nicht schlecht, ja selbst auch den Feind nicht. Übe
die Frömmigkeit. Liebe die Mäßigkeit. Strebe nach Wahrheit, Treue, Einsicht,
Geschicklichkeit, Freundschaft und Hilfsbereitschaft. - Pittakos, nach
(diol)
Kernspruch
(3) Folgende Vorschriften stammen von Chilon:
die Zunge zu beherrschen, vor allem beim Gastmahl, seinem Nächsten nichts Übles
nachzusagen, wofern man sich nicht der Gefahr der Wiederbeleidigung aussetzen
will. Niemanden zu bedrohen, denn das sei Weiberart. Sich schneller aufzumachen
zu den Freunden, wenn es ihnen schlecht, als wenn es ihnen gut geht. Für Hochzeiten
darf man sich nicht in Unkosten stürzen. Dem Toten soll man nichts Böses nachsagen,
das Alter soll man ehren, über sich selbst soll man wachen, dem eignen Schaden
den Vorzug geben vor schimpflichem Gewinn, denn der erstere ist bald verschmerzt,
der letztere bleibt immer auf uns sitzen. Lache nicht über das Unglück eines
ändern. Der Starke muß milde sein, sonst wird er von seinen Nächsten mehr gefürchtet
als hochgeachtet Lerne dein eignes Hauswesen richtig verwalten. Laß die Zunge
nicht dem Verstande vorauseilen. Beherrsche den Zorn. Verwünsche nicht die Wahrsagerei.
Strebe nicht nach Unmöglichem. Auf der Straße geh nicht im Eilschritt. Beim
Reden bewege die Hand nicht; denn das ist ein Zeichen stürmischer Erregung.
Gehorche den Gesetzen. Befleißige dich eines ruhigen Verhaltens. - Chilon, nach
(diol)
Kernspruch
(4) Sei eingedenk der Freunde, der anwesenden
wie der abwesenden. Suche nicht äußerlich zu glänzen, sondern durch Streben
und Tat Wohlgefallen zu erwecken. Suche nicht auf verwerfliche Weise reich zu
werden. Mache dich keines Vertrauensbruches schuldig gegen solche, die dir in
Treue verbunden waren. Was du an Unterstützungen deinen Eltern hast zuteil werden
lassen, das darfst du auch von deinen Kindern erwarten. - Thales, nach
(diol)
Kernspruch (4)
Kernspruch
(5) Seine symbolischen Sprüche aber waren folgende:
Man soll Feuer nicht mit dem Schwerte schüren, soll die Waage nicht überschlagen
lassen, nicht müßig auf dem Kornmaß sitzen, das Herz nicht essen, nicht beim
Abnehmen, sondern beim Aufsichnehmen der Last sich beteiligen, die Decken immer
zusammengebunden haben, das Bild der Gottheit nicht auf dem Ringe mit sich herumtragen,
die Spur des Topfes in der Asche verwischen, das Gesäß6 nicht mit der Fackel
abwischen, nicht der Sonne zugewandt sein Wasser abschlagen, nicht auf der großen
Heerstraße wandeln, nicht leicht mit der Rechten einschlagen, nicht Schwalben
unter dem nämlichen Dache haben, Vögel mit krummen Klauen nicht bei sich züchten,
auf abgeschnittene Nägel und Haare nicht pissen und nicht darauftreten, ein
scharfes Schwert abseits kehren, wenn man verreist, nicht an der Grenze sich
umwenden. - Pythagoras, nach
(diol)
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