eifen   »Du mußt ganz schon behämmert sein«, hört er sich, kaum wieder zu Hause, angekeift, »du mußt ganz schon bescheuert sein, daß du an einen solchen Hokuspokus glaubst. «

Er legt seinen Hut auf ein kleines Brett unter der Kasse.

»Hast du wenigstens die Reliquie gesehen?«

»Nein. «

»Dann hat sich die Fahrt ja gelohnt. Du hast dir also nicht einmal das Schienbein angesehen?«

»Es ist kein Schienbein, es ist ein Stück vom Schädel des Heiligen. «

»Quatsch, Mann. «

Er gibt kein Antwort.

»Deine Brüder würden sich deiner schämen. «

»Laß meine Brüder, wo sie sind. «

»Das waren keine Pfaffenknechte wie du, das waren noch Männer. «

Er verpaßt ihr eine Maulschelle mitten in die Fresse und wirft sie mit großen Fußtritten ins verlängerte Rückgrat raus. - (lim)

Keifen (2)  Während der Geflügelte Tiger am Pranger stand, kam in dem Menschenstrom der Passanten zufällig auch seine alte Mutter vorüber. Sie trug einen Eßkorb für ihn am Arm und war eigentlich auf dem Wege zum Kreisyamen, denn sie wähnte ihren Sohn dort in Haft. Als sie ihn nun unerwartet hier in aller Öffentlichkeit am Pranger stehen sah, packte sie helle Wut, und diese ihre Wut ließ sie zunächst an den unschuldigen Wächtern aus, denen sie Käuflichkeit und unkollegiales Verhalten vorwarf. Die Wächter beteuerten, daß sie nur aus Zwang und wider Willen eine unangenehme Pflicht erfüllten, und fügten zur Erklärung leise hinzu, daß die Klägerin die Geliebte des hohen Kreismandarins sei und daß da nichts zu machen wäre.

Die empörte alte Dame aber ließ sich dadurch keineswegs abhalten, ihrem Sohne eigenhändig die Stricke zu lösen und ihr Tun mit lauten Verwünschungen gegen die ›billige Person‹ zu begleiten, die ihren Einfluß zu so schmählichen Akten der Ungerechtigkeit mißbrauche.

Zufällig saß die ›billige Person‹ um diese Stunde in der Teestube nebenan bei ihrer Schale und hörte die ausfälligen Äußerungen der aufgebrachten Alten Wort für Wort mit an. Sie erhob sich von ihrem Platz und trat zornig vor die Sprecherin hin. »He, du alte Magd, was hast du da eben gesagt;« zischte sie.

»Ach, du Allerweltsdirne, du gemeine Gassenbuhlhündin, du bist gerade die Rechte, mich zur Rede zu stellen!« keifte die Alte zurück. Die schmalen Weidenblattbrauen der schönen Pai stellten sich in die Höhe, ihre Augensterne weiteten sich zu runden Kugeln.

»Altes bissiges Reptil, elendes Bettelweib, du wagst es ...» schnob sie ihre Gegnerin an.

»Na, und was ist schon dabei, wenn ich es wage? Du bist noch lange nicht der Mandarin von Yün tschong hsiän!« fiel ihr die Alte schlagfertig ins Wort.

Da war es um die Fassung der schönen Pai geschehen. Sie schnellte vorwärts und krallte sich mit gespreizten Fingern im Schöpf der alten Dame fest, die sich ihrer jüngeren und kräftigeren Gegnerin vergebens zu erwehren suchte.

Mit kochendem Ingrimm sah und hörte es der seiner Bande ledige Polizeimeister mit an, wie die Ohrfeigen nur so auf die Wangen seiner alten Mutter klatschten. Da konnte er nicht länger an sich halten. Mit gewaltiger Kraftanstrengung riß er seinen Holzkragen los und ließ die scharfe Kante mit voller Wucht auf das Hinterhaupt seiner Feindin niedersausen. Mit geborstener Hirnschale und brechenden Augen sank die schöne Pai um. - (raub)

Keifen (3)  Longa Poa hielt auf den Strand zu, und Fekai jubelte vor Freude. »Sie gehen ans Land«, rief sie, »nun haben wir sie! Sie wollen ins Land flüchten.« Sie waren noch nicht an die Insel heran, da trat eine böse Wendung ein: sie segelten in Wasser hinein, das brodelte und zischte wie in einem Kochtopf. Ein rasender Sturm erfaßte die beiden Boote, wirbelte sie herum und trug sie immer näher an einen großen, schwarzen Felsen heran, wo die Wasser, weißschäumend, in eine tiefe, dunkle Höhle hineindonnerten, die - wie unsere Väter erzählen - eine der Stellen war, wo die Seelen der Verstorbenen nach Bulu, dem Geisterland, hinabstiegen. Hier gerieten die Boote hart aneinander; doch niemand dachte jetzt daran, den Feind zu erschlagen, alle kauerten sich vor namenlosem Entsetzen zusammen, und sogar Fekai schwieg. Ihr Boot sollte zuerst dran glauben. Nie hatte vordem ihre Zunge stillgestanden, doch schweigend fuhr sie in den Tod, und ihr Gekeife hatte nun ein Ende. - (sued)

Keifen (4)  

Büttel, welche die Wirtin Hurtig und Dortchen Lakenreißer herbeischleppen.

WIRTIN Nein, du Erzschelm! Ich wollte, ich stürbe, damit du gehängt würdest. Du hast mir die Schulter ganz aus dem Gelenk gerissen!

ERSTER BÜTTEL Die Gerichtsdiener haben mir sie überliefert, und sie soll genug mit Peitschen bewillkommt werden, dafür stehe ich ihr; es sind ihretwegen seit kurzem ein oder ein paar Menschen totgeschlagen.

DORTCHEN LAKENREISSER  Bohnenstange, Bohnenstange, du lügst! Komm nur, ich will dir was sagen, du verdammter Schuft mit dem Kaidaunengesicht. Wenn das Kind, womit ich schwanger gehe, zu Schaden kommt, so wäre dir besser, du hättest deine Mutter geschlagen, du Spitzbube von Papiergesicht!

WIRTIN O jemine, daß Sir John doch zurück wäre! Ich weiß wohl, wem er einen blutigen Tag machen würde. Aber ich bitte Gott, daß die Frucht ihres Leibes zu Schaden kommen mag.

ERSTER BÜTTEL Wenn das geschieht, so sollt ihr ein Dutzend Kissen wiederhaben; ihr habt jetzt nur noch elfe. Kommt, ihr müßt beide mit mir gehn; der Mann ist tot, den ihr und Pistol beide unter euch geprügelt habt.

DORTCHEN Ich will dir was sagen, du ausgedörrter Knecht Ruprecht; dafür sollt Ihr mir tüchtig ausgewalkt werden, Ihr Schuft von Blaurock! Ihr garstiger, hungriger Zuchtmeister! Wenn Ihr nicht geprügelt werdet, so will ich keine kurzen Schürzen wieder tragen.

ERSTER   BÜTTEL   Kommt, kommt, Ihr irrende Ritterin, kommt!

WIRTIN  O daß Recht die Gewalt so unterdrücken muß! Nun, aus Leiden kommen Freuden.

DORTCHEN Kommt, Ihr Schelm, kommt, bringt mich vor einen Friedensrichter!

WIRTIN Ja, kommt, Ihr ausgehungerter Bluthund!

DORTCHEN Gevatter Tod! Gevatter Beingerippe!

WIRTIN Du Skelett du!

DORTCHEN Kommt, Ihr magres Ding, kommt, Ihr spitziger Bube!

ERSTER BÜTTEL Es ist schon gut.   - Shakespeare, König Heinrich der Vierte (Zweiter Teil)
 

 

Redemühle Weib, altes

 

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