Kaufmann, schlechter  Reinhard, ein junger deutscher Kaufmann, war ein ein absonderlicher Liebhaber wunderschöner Frauen. Er fuhr, wie sie es dorten zu tun pflegen, in einem kleinen Schifflein, Gondel geheißen, auf den Kanälen umher, die es in Venezia statt der ordentlichen gepflasterten Straßen gibt, und hatte seine große Lust an den schönen Häusern und den noch viel schöneren Weibsgestalten, die er oftmals daraus hervorblicken sah. Als er endlich gegen ein höchst prächtiges Gebäude herankam, in dessen Fenstern wohl zwölf der alleranmutigsten Frauenzimmer lagen,

(Ill. Milo Manara)

sprach der gute junge Gesell zu einem der Gondoliere, die sein Schifflein ruderten: »Daß Gott! wenn es mir doch einmal so wohl werden sollte, daß ich nur ein Wörtlein zu einer von jenen wunderschönen Fräulein sprechen dürfte!« - »Ei«, sagte der Gondolier, »ist es weiter nichts als das, so steigt nur aus und geht kecklich hinauf. Die Zeit wird Euch droben gewißlich nicht lang werden.« Der junge Reichard aber sprach: »Du hast wohl deine Lust daran, fremde Leute zu nek-ken und meinest, in mir so einen groben Gesellen zu treffen, der nach deinen törichten Worten täte und droben im Schlosse dann ausgelacht würde, oder wohl ausgewamst obendrein?« - »Herr, lehrt mich die Sitten des Landes nicht kennen«, sagte der Gondolier. »Tut nur nach meinem Rat, dafern Ihr's Euch gerne wohl sein laßt und nehmen sie Euch nicht mit offnen, schönen Armen auf, so will ich meines Fährlohnes quitt und verlustig gehen.«

Das schien dem jungen Burschen des Versuchens schon wert, auch hatte der Gondolier nicht eben gelogen. Die Schar der liebreizenden Fräulein nahm den Fremden nicht allein holdselig auf, sondern es führte ihn auch die, welche er für die Schönste aus ihnen hielt, in ihr eignes Gemach, wo sie ihn mit den auserlesensten Trink- und Eßwaren bewirtete, und auch mit manchem Kuß, ja, ihm endlich ganz und gar zu Willen ward. Er mußte mehrmalen bei sich denken: »Ich bin doch fürwahr in das aller-anmutigste und wunderbarste Land gekommen, so es auf dem Erdboden gibt: zugleich aber kann ich auch dem Himmel nicht genugsamüch danken für die Anmutigkeiten meiner Person und meines Geistes, vermittelst deren ich den fremden Damen so sehr gefalle.«

Als er nun aber wieder von hinnen wollte, forderte ihm das Fräulein fünfzig Dukaten ab, und weil er sich darüber verwunderte, sagte sie: »Ei, junger Fant, wie vermeint Ihr doch, Euch der schönsten Courtisane aus ganz Venedig so gar umsonst erfreut zu haben? Zahlt nur immer frisch, denn wer nicht vorher bedungen hat, muß sich den Preis gefallen lassen, den man von ihm begehrt. Wollt Ihr aber künftig wiederkommen, so gehabt Euch klüger, und Ihr könnt für eine Summe, wie es Euch heute gekostet hat, eine ganze Woche lang in allen Freuden leben.«

Ach, wie verdrießlich es doch sein mag für einen, der dachte, er habe eine Prinzessin erobert, wenn er nun merkt, daß es eine gar gemeine Buhlschaft war, und ihm noch eine so erkleckliche Summe dabei aus dem Geldbeutel gelockt wird! Der junge Gesell aber bewies sich nicht so ergrimmt, als wohl ein andrer meinen sollte. Es war ihm mehr um eine gute Pflege seines Leibes zu tun als um viele Preislichkeiten in seiner Historie, deshalben er sich denn nach geleisteter Zahlung in ein Weinhaus fahren ließ, um dorten wegzutrinken, was ihm noch etwa von Ärger im Kopfe herumzog.   - Friedrich de la Motte-Fouqué, Das Galgenmännlein

 

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