Katze, zugelaufene  Er erinnerte sich, daß sein ›Mäusle‹ früher in puncto Liebe dann und wann auch anderweitig engagiert gewesen war und er, während die Sache sozusagen gekocht hatte, nichts davon bemerkt hatte. Hernach erst, wenn das Ganze sich abkühlte, war er bei gewissen Andeutungen hellhörig geworden. Es war ja bei ihr wohl auch nur einmal vorgekommen, damals im Ersten Weltkrieg. Und er entsann sich zweier Seminaristen, die in Künzelsau um 1915 mit seiner Irene musiziert hatten, der eine als Geiger und der andere als Cellist. Bis heute aber wußte er nicht, wem von beiden sie zugetan gewesen war, ob dem zierlichen Geiger oder dem kräftigen Cellisten, der zwei Jahre später gefallen war. Als du auf Urlaub gekommen bist, hat diese G'schicht sofort ein End gehabt... Übrigens ein friedliches oder gar spöttisches Ende, weil Irene zu ihm gesagt hatte: »Das war halt so, als hinge ich in einem Baum, den ich hinaufgeklettert bin, und käme allein nicht mehr runter.«

Du selbst aber? Nun ja... ach, du liebe Zeit. Schließlich hast du's gern gehabt, wenn dir ein Kätzle zugelaufen ist und geschnurrt hat.  - Hermann Lenz, Der Wanderer. Frankfurt am Main 1988 (zuerst 1986)

Katze, zugelaufene (2) /fast nichts über Katzen geschrieben, das ist seltsam, denn die Katze und ich sind wie die beiden ineinander verschlungenen Kaulquappen Yin und Yang (das ist das Tao), und es entgeht mir nicht, daß jede Katze auf spanisch (gato) sich die drei Buchstaben des Tao anzieht, das g als das kleine Loch, das die Navajo-mdianerinnen in ihren Ponchos haben, damit ihre Seele nicht Gefangene des Stoffes bleibe. Aber schon Kipling hat gesagt, daß die Katze walks by himself und daß kein Tao und keine magische Prosa imstande ist, sie länger festzuhalten, als sie Lust hat / Wiesengrund Adorno hat oft die Seiten von Saignon durchstreift, doch muß ich erklären, daß sein Yin und mein Yang (oder umgekehrt, je nach den Krautern und dem Stand des Mondes) Freundschaft geschlossen und sich ineinander verschlungen haben ohne den geringsten Vertrag, ohne dies Ich-gebe-dir-ein-Kätzchen-und-du-gibst-ihm-Milch, woraufhin das Tier bedingte Reflexe entwickelt, sein Revier absteckt, auf deinen Knien schläft und dir die Mäuse jagt, der traurige Pakt zwischen den alten Frauen und ihren Katern und zwischen den Katzen und ihren alten Männern. Nichts von alledem, meine Frau und ich sahen Theodor den Pfad herunterkommen, der zu unserem kleinen Landhaus führt, er war ein schmutziger und ruppiger Kater, ganz schwarz unter dem aschgrauen Staub, der nur notdürftig seine Wunden bedeckte, denn Theodor lebte mit zehn anderen Katzen aus Saignon wie Clochards von der Müllkippe, und jedes Heringsgerippe war Austerlitz, die Katalaunischen Felder oder Cancha Rayada, zerfetzte Ohren, blutige Schwänze, das Leben einer freien Katze. Allerdings war dieses Viech klüger als die anderen, wir sahen das sofort, als es der Eingangstür gegenüber miaute, ohne uns nahe kommen zu lassen, uns aber zu verstehen gab, daß, wenn wir ihm in einem akzeptablen no cat's land Milch hinstellten, es sich herablassen würde, sie zu trinken. Wir gingen darauf ein, und der Kater erkannte, daß wir keine Lumpen waren; und nach stillschweigendem Übereinkommen, ohne groß nach dem Roten Kreuz und den Vereinten Nationen zu fragen, überquerten wir die neutrale Zone, eine Tür blieb dezenterweise halb offen, um keinen Stolz zu verletzen, und bald darauf begann der schwarze Fleck auf den roten Fliesen des Wohnzimmers vorsichtig seine Runde zu machen, suchte sich dann einen kleinen Läufer neben dem Kamin aus, und ich, der ich gerade Paco Urondo las, vernahm als erstes Zeichen des Bündnisses ein vertrauensvolles Schnurren, der gereckte Schwanz senkte sich, ein Schlummer bei Freunden. - (cort2)
 
 

Katze

 

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Verwandte Begriffe
Katze, streunende
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