artoffelmaler   Arp hatte große Angst vor dem Wasser und oft, wenn wir in einem Kahn auf den See fahren wollten, zog er sich mit einer nichtigen Entschuldigung zurück. Einmal aber gelang es mir, ihn in einen Kahn zu bringen. Ich hatte ihm versprochen, nur in der Nähe des Ufers herumzurudern.

Er saß auf seinem Sitz, als wäre er angenagelt. Seine Hände waren fest um die Bootsränder geklammert. In seinem Gesicht drückte sich eine tiefe Beunruhigung aus.

»Sind Sie nicht auf der Höhe?« fragte ich.

»Ich hätte etwas essen sollen« sagte Arp.

Er sagte, es bekäme ihm immer schlecht, wenn er mit leerem Magen aufs Wasser ginge. Ich bedauerte das sehr, aber etwas anderes machte mich sehr lustig. Ich dachte, daß ich in dieser Lage Arp einmal rücksichtslos meine Meinung über die Abstraktion in der Malerei und über die Korkstücke sagen könnte.

»Sie sollten mal Kartoffeln malen« sagte ich zu Arp.

»Wie meinen Sie das?« fragte er.

»Kartoffeln« sagte ich »ist etwas, wonach man sich hin und wieder sehnt, wenn man einen leeren Magen hat. .«

»Was hat das mit Malerei zu tun?« fragte Arp und sah mich wütend an.

»Es ist nicht schlecht für Maler« sagte ich »wenn sie hin und wieder Dinge malen, nach denen man ein körperliches Verlangen hat. In der Renaissancezeit zum Beispiel. . .«

Arp klammerte sich an die Bootsränder und sah mich erschreckt an. »Ich verstehe gar nicht, was Sie immer mit der Renaissance wollen. Das waren doch alles Kitschiers. .«

Ich begann ihm zu sagen, daß ich die Renaissancezeit und ihre Kunst für großartig hielt. Ich sagte wenig Sachliches und war nur darauf aus, Arp zu reizen. Das gelang mir vollkommen. Da er aber, hier auf dem Wasser, in einer schwierigen Lage war, konnte er sich nicht zur Wehr setzen. Er mußte alles anhören, was ich sagte, und ich sah nur an der Blässe seines Gesichtes, daß sich zu seiner Furcht eine maßlose Wut gesellt hatte.

Wir trennten uns als Feinde.

»Sie sollten mal Kartoffeln malen« schrie ich ihm wütend nach.

»Sie sind ein Reaktionär« schrie Arp.  - Richard Huelsenbeck, Reise bis ans Ende der Freiheit. Autobiographische Fragmente. Heidelberg 1984