Erst nach der Hochzeit merkte Tantchen Lucie,
daß Onkelchen ein Kartoffelgesicht hatte.
Nach einiger Zeit hielt sie es nicht
mehr aus und verarbeitete ihn zu Pommes frites. - (step)
Kartoffelgesicht (2)
"Axomama"
Zeremonialgefäss
Gestalt einer übergrossen Kartoffel mit menschlichem Gesicht
Peru, Moche-Kultur 200 n.Chr.
Kartoffelgesicht (3) »Frolleinchen, ich habe ein Kartoffelgesicht für dich.«
Mit seinen Nägeln hatte er eine warzige Kartoffel geschnitzt. Das Gesicht
hatte Nasenlöcher, Ohren, Lippen und ein Paar Warzen als Augen. Gula hatte ihr
ein Doppelkinn gemacht, und die Niedergeschlagenheit der Geheimratsecken verliehen
der Kartoffel die verzerrten Züge eines Büßers. Marilyn ließ sich nicht durch
düstere Einzelheiten abschrecken. Die Kartoffel war als Freundlichkeit ihr gegenüber
gedacht. Sie bekam einen Heulkrampf, erschüttert von dem gezeichneten Gesicht.
Das Geschenk war von einer Eindringlichkeit, zu der kein Ehemann fähig wäre.
Gula mußte den Anflug von Wahnsinn in ihr bemerkt haben, als sie mit George
durch die Küche gegangen war. Wollte er ihr mit der Kartoffel sagen: ›Frolleinchen,
du bist nicht allein?‹ Sie hätte Gula ›Blaue Eier und Vaterscheiße‹ ins Gesicht
schreien können; ohne Scham zu empfinden, heulte sie sich an seiner Brust aus.
- Jerome Charyn, Marilyn the Wild. München 1996
Kartoffelgesicht (4)
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