apital
Die wahre Weltansicht ist die, welche die Frau unter
die Haupttalente des Mannes
und zu den Kapitalien zählt, welche die besten Zinsen bringen. Jetzt schickt
auch der Schuster und Schneider die Kleidungsstücke, die sonst der Lehrjunge
brachte, durch seine Frau, und ist sie hübsch, so befinden er und sein Haus
sich wohl dabei; er hat berechnet, daß er die ganze Woche mit all seinen Stichen
nicht so viel verdienen kann als seine Frau mit einem in einer Viertelstunde.
In Großstädten ist eheliche Untreue nichts weiter als "aufgehobenes Abonnement"!
Jener Hofmann schon, der jedesmal schlief, sooft sich Maecenas zu seiner
Frau schlich, war bloß galanter Schläfer; wie hätte er sonst seinem Sklaven,
der sich über seinen Wein hermachen wollte, zurufen können:
"Bursche, nicht für jeden schlafe ich!"
- (
kjw
)
Kapital
(2) Die schönsten sind die Putzkrämerinnen, milliners,
wie sie die Engelländer nennen, und eine solche war
es, die den Lord Baltimore 120000 Thaler gekostet hat, und noch eine andere
Gattung von denen ich nichts zu sagen weiß, als daß man kein Exempel hat, daß
sie den Leuten Kosten von 120000 Thaler gemacht hätten. Mit einem Wort das poenitere,
das dem Demosthenes einmal so erschrecklich hoch angeschlagen wurde, daß er
es nicht kaufen konte, steht hier niedriger als in der gantzen Welt. Wenn Sie
diese sehr gelehrte Stelle nicht verstehen, so lassen Sie sie sich erklären.
Es war mir hier unmöglich modest und plan zugleich zu seyn. Vom Vornehmen Frauenzimmer
habe ich über 200 in einem eintzigen Saal, im Hause der Lords, gesehen, stellen
Sie sich vor, 200, wovon eine jede dem Lord Baltimore wenigstens 150000 Thaler
werth gewesen wäre, dieses macht 200mal 150tausend, das ist schon 30 Million
Thaler, die blosen Frauenzimmer wie sie Gott erschaffen hat, ohne ein Körngen
von Diamanten und Spitzen, und Perlen u.d.gl. in Anschlag zu bringen. Das ist
ein Capital! - Lichtenberg an Johann Christian Dieterich, nach (
mehr
)
Kapital (3) Sie schaute über den Hof. Da entdeckte sie auch schon den nackten Schläfer auf der Bank unter dem Baum und hörte, wie er leise schnarchte. Als sie neugierig mit einem Auge hinüberschielte, erschrak sie nicht wenig über das kampfgewaltige Rüstzeug, das sich an seiner Leibesmitte kerzengerade emporreckte, und wohlige Schauer rieselten ihr über den Rücken.
»Nein, so etwas!« murmelte sie vor sich hin. »Ich hätte nicht gedacht, daß dieser junge Kerl ein solch prächtiges Kapital besitzt!«
Als sie seine regelmäßigen Schnarchtöne vernahm, wollte sie wieder fortgehen, doch dann verhielt sie den Schritt und überlegte:
»Was macht der hier wohl so alleine in diesem Aufzug? Bestimmt hat er sich mit Herbstmond verabredet und wartet auf sie.«
Und weil ihr plötzlich erwachtes Wollustverlangen größer war als ihre Scham, ging sie ein paar Schritte auf ihn zu und beleuchtete seinen nackten Körper mit der Lampe. Der Anblick seines klobigen Speeres versetzte sie in eine derartige Erregung, daß sie dem Feuer der Sinneslust nicht mehr Einhalt gebieten konnte. Sie blies rasch die Lampe aus, schlug ihr leichtes Nachtgewand hoch und stellte sich mit gespreizten Beinen über seinen Körper. Dann zog sie ihre Lustgrotte auseinander, stülpte sie über seinen Schildkrötenkopf, drückte ihren Unterleib nach unten - und schon saß das klobige Ding zur guten Hälfte drin. Sie drückte und schob so lange, bis ihre Lustgrotte schließlich sein ganzes Kapital verschlungen hatte. Da überkam sie ein Wollustgefühl, wie sie es schon lange nicht mehr verspürt hatte. Binnen kurzem floß der Tau der Lust gleich einem munter glucksenden Bächlein aus ihrer Blumengrotte hervor und lief an ihren Schenkeln hinab.
Als ihr ›Frühhngsherz‹ zur Ruhe gekommen war und ihre Sinne sich wieder ein wenig abgekühlt hatten, bemächtigte sich ihrer die Furcht, der noch immer leise schnarchende Schläfer könne jeden Augenblick aufwachen und sie in dieser verfänglichen Situation ertappen. Sie stellte deshalb sofort die Kampfhandlungen ein, ließ seinen klobigen Speer aus ihrer Lustgrotte glitschen und wollte sich wieder davonschleichen.
»Ah, dieses ohne eigene Mühe zustande gekommene Geschäft soll mir noch reichlich
Zinsen bringen!« dachte Ho-dui, als er merkte, was sie vorhatte. »Wenn ich sie
jetzt leichthin gehen lasse, wird es mich nachher ein gehöriges Stück Arbeit
kosten, bis ich sie wieder soweit habe. Am besten ist's, ich lege sie gleichfalls
rein.« - Dschu-Lin Yä-schi. Ein
historisch-erotischer Roman aus der Ming-Zeit, mit erstaunlichen
taoistisch
en Liebespraktiken.
Hg. und Übs. F.K. Engler. Zürich 1971
Kapital (4) Es blieb von dem Bild der Abdruck, der, ehe er, früher oder später, von Fall zu Fall auch gar nicht (da einmal vergleichbar mit einem seltenen Traum), verblaßte, »fruchten« konnte, und zwar ausnahmslos (bei einem Traum eher die Ausnahme). Und man konnte bestimmen, welches der derartigen Bilder einem Frucht bringen sollte - so wie die Auswahl und das Auswerten der gerade hier vorerzählten auf dem höchst eigenen Beschluß der einen, speziellen »Bildperson« fußten.
»Diejenigen Bilder«, so diktierte sie, für Momente wieder mehr »Banquière«
als »Aventurière«, dem Autor, »sind ein Kapital. Ein Kapital, das keinen Handelswert
hat, dafür aber umso mehr Nutzwert. Ein Kapital, bei dem man nur Eigentümer
bleibt, indem man sich entscheidet für ein möglichst umfassendes Nutznießen.
Läßt man dieses Kapital ruhen, so kracht es zusammen, und -das Besondere an
den Bilder-Mobilien und/oder -Immobilien, meinem beweglichsten Gut, zugleich
meinem Grund-und-Boden -: man selber, auch wenn der Anschein ein gegenteiliger
ist, kracht mit zusammen. Haben und Besitzen als ein stetiges Handeln, wenn
auch nicht als Spekulieren und Sich-die-Taschen-Füllen, sondern als das pure
Nutznießen, ebenso im eigenen Interesse wie in dem der anderen. An der Hand
des Bilderkapitals, warum nicht?, auf Gewinn und Bereicherung aus sein, geteilten
Gewinn und gemeinsame Bereicherung, ohne Auftreten als Eigentümer; ohne den
Eigentums-Titel: Ein Umgang mit Eigentum, wie er noch in keinem Wirtschafts-
und Bankensystem verwirklicht worden ist -« -
Peter Handke, Der Bildverlust. Frankfurt am Main 2002
|
|