Kanzler, sterbender  Am Abend heißt es, sein Herz sei stark belastet. Wenig später wird die Meldung dementiert, daß er die Sterbesakramente empfangen habe. Dennoch nimmt eine zehnköpfige Arbeitsgruppe zur reibungslosen Abwicklung der Abschiedszeremonie die Arbeit auf. In den Zeitungsredaktionen werden Nachrufe angefertigt. Der Fahrer des Sterbenden erscheint mit seiner Frau und gibt einen Blumenstrauß ab. Seltsame Zeichen der Anteilnahme geschehen. Eine Bäuerin schickt Heilkräuter. Eine Frau, die mit der Bahn von weit her gekommen ist blickt scheu zum Haus hinauf, bleibt eine Weile stehen und geht dann wieder weg. Eine Gesundbeterin, die erklärt, sie sei von Gott geschickt, kann es nicht fassen, daß sie abgewiesen wird. Ein Mann gibt einen Brief ab und will nicht sagen, was darin steht. Es handelt sich um ein Testament, sagt er. Aufregung entsteht, als ein Polizeiwagen mit Blaulicht vorfährt. Ein Beamter springt heraus und liefert ein Paket ab. Medikamente direkt vom Flugplatz verhindern nicht den zwei Jahrzehnte zu spät beschrhtenen Weg zum Friedhof. Wieder kommen Menschen in Scharen, Touristen, die einen Abstecher zum Sterbehaus gemacht haben, sie sollten sich schämen. Ein 88-jähriger Rentner reist an und bringt ein von ihm selbst gebrautes Hausmittel: "Wein, Meerrettich und weißen Kandis. Das hilft auch bei der schlimmsten Bronchitis. Niemals hat der Sterbende solche Publizität gehabt. Das Volk bangt um die Vaterfigur des Staatswesens. Eine Frau meint: Es wäre doch schade, wenn dieser große Mann stürbe. Noch seine letzten Worte sind einfach gemeint und doch vielfältig zu verstehen: Kein Grund zum Weinen. Die Post plant, eine Gedenkbriefmarke herauszugeben.  - (baer)
 
 

Kanzler Sterbende

 

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