anakenmädchen Ich
beginne mit dem liegenden Akt eines Kanakenmädchens, ohne eine andere Absicht,
als einen Akt zu machen, wobei aber ein gewisser Ausdruck des Schreckens
an dem Mädchen mich fesselt und ich an den kanakischen
Geist und Charakter denken muß. Das suggeriert
mir eine Farbgebung, die düster, traurig und erschreckend ist, die einen trifft
wie Totengeläut. In dem Tuch des Lagers gewinnt das Gelb einen eigentümlichen
Charakter, es suggeriert die Vorstellung von künstlichem Licht in der Nacht
und ersetzt dadurch das Licht einer Lampe, das zu banal wäre [die Kanaken lassen
stets die ganze Nacht eine Lampe brennen, aus Angst vor Geistern]. Das Gelb
bildet auch einen Übergang zwischen zwei anderen Farben und vervollständigt
den musikalischen Akkord des Bildes. Der dekorative Sinn führt mich dazu, den
Hintergrund mit Blumen zu besäen. Diese bekommen Farben wie Phosphoreszenzen
in der Nacht, denn nun verdichtet sich der ‹literarische› Teil des Bildes: Nächtliche
Phosphoreszenzen bedeuten für den Eingeborenen, daß der Geist von Toten anwesend
ist. Das Erschrecken des Mädchens ist jetzt inhaltlich erklärt. Der musikalische
Teil, horizontale ondulierende Linien, Akkorde von Orange und Gelb, Blau und
Violett und deren Ableitungen, erhellt durch grünliche Funken, wird Äquivalent
des literarischen Teils: der Geist eines Lebenden verbunden mit dem Geist eines
Toten. - Paul Gauguin, nach: Walter Hess (Hg.): dokumente zum verständnis
der modernen malerei. Reinbek bei Hamburg 1964 (rde 19)
|
|