ambrium
KORYPHÄE: Ich spreche von der kambrischen Explosion.JOURNALISTIN: Explosion ist gut. Das wird Leser interessieren.
KORYPHÄE: Danach gehen 96 % aller Arten verloren. Plötzlich.
JOURNALISTIN: In einer Katastrophennacht?
KORYPHÄE: Sagen wir in 50 Millionen Jahren oder etwas mehr . ..
JOURNALISTIN: Das ist nicht schnell.
KORYPHÄE: Für unsere Begriffe nicht. Aus 4 % des lebenden Materials entsteht alle weitere Entwicklung. Wäre die Statistik (also die Breite der Vernichtung) etwas verschoben, es blieben nur 2,5 % des lebenden Materials übrig, dann wären wir damals mit gestorben.
JOURNALISTIN: Etwas abstrakt für die russischen Leser, nicht wahr?
KORYPHÄE: Wieso?
JOURNALISTIN: Sollen die sich Saurier vorstellen, die von einem Kometen erschlagen werden?
KORYPHÄE: Saurier gibt es noch nicht!
JOURNALISTIN: Was dann? 96% Artenvielfalt untergegangen, da müßte man erst schildern, wie man sich »Artenvielfalt« vorstellen soll. Was hätten Sie da?
KORYPHÄE: Gefräßige Tiere. Vier im Bauplan völlig verschiedene Entwürfe, was ein Tier werden soll.
JOURNALISTIN: Wie groß?
KORYPHÄE: Vielleicht 12 mm. Fürchterliche Monstren. Sie müssen ununterbrochen andere Tiere fressen. Freßmaschinen.
JOURNALISTIN: Müßte man vergrößert abbilden!
KORYPHÄE: Könnte man machen. In der kambrischen Explosion entsteht eine Vielfalt, die wir nicht begreifen. Diese Vielfalt wird wieder vernichtet, und aus einem Rest davon entstehen neue Verschiedenartigkeiten, z. B. Glieder, Knochen, Gräten. Danach geschieht lange Zeit nichts grundsätzlich Neues. Bis heute. Denn wir bilden neuerdings lediglich geistige Knochengerüste aus, ohne die wir nicht mehr leben könnten. Es entstehen heute aus einem Erdenrest neue Lebewesen.
