alif
Eines Nachts war der Kalif Harûn er-Raschîd von Schlaflosigkeit
heftig geplagt; da rief er nach Masrûr, und als der gekommen war, sprach er
zu ihm: 'Hole mir sogleich Dscha'far!' Jener ging hin und holte den Wesir, und
als der vor dem Herrscher stand, sprach dieser: 'Dscha'far, heute nacht ist
Schlaflosigkeit über mich gekommen, und der Schlummer ist mir versagt; nun weiß
ich nicht, was mir Ruhe verschaffen könnte.' ,O Beherrscher der Gläubigen,'
erwiderte Dscha'far, 'die Weisen sagen: In den Spiegel schauen, ins Badehaus
gehen, dem Gesange lauschen, all das vertreibt Kummer und Sorgen.' Doch der
Kalif sagte darauf: ,Ach, Dscha'far, ich habe ja dies alles schon getan; aber
es hat mir keine Ruhe gebracht. Jetzt schwöre ich bei meinen frommen Vorvätern,
wenn du mir kein Mittel ersinnst, mich von dieser Unruhe zu befreien, so lasse
ich dir den Kopf abschlagen.'
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Kalif (2) Eines Nachts wurde der Kalif Harûn er-Raschîd von großer Unruhe geplagt; da ließ er seinen Wesir Dscha'far, den Barmekiden, kommen und sprach zu ihm: 'Meine Brust ist beklommen, und ich habe den Wunsch, mich heute nacht in den Straßen von Baghdad umzuschauen und dem Treiben der Menschen zuzusehen; doch dazu müssen wir uns als Kaufleute verkleiden, damit uns niemand erkennt.' ,Ich höre und gehorche!' gab der Wesir zur Antwort. Zur selbigen Stunde erhoben sie sich, legten die prächtigen Staatsgewänder, die sie trugen, ab und zogen Kaufmannskleider an. Es waren ihrer drei, der Kalif und Dscha'far und Masrûr, der Schwertträger; und sie gingen von Ort zu Ort, bis sie zum Tigris kamen. Dort sahen sie einen alten Mann in einem Boote sitzen; an den traten sie heran, grüßten ihn und sprachen: 'Alterchen, wir bitten dich um die Güte und den Gefallen, daß du uns mit diesem deinem Boote zu einer Lustfahrt hinausruderst; nimm diesen Dinar als deinen Lohn!' - -«
Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten
Rede an. Doch als die Zweihundertundsechsundachtzigste Nacht anbrach,
fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß damals,
als sie zu dem Alten sprachen: ,Wir bitten dich, daß du uns mit deinem Boote
zu einer Lustfahrt hinausruderst; nimm diesen Dinar!', jener ihnen antwortete:
,Wer kann denn noch eine Lustfahrt machen, wo der Kalif Harûn er-Raschîd jede
Nacht in einer kleinen Schaluppe den Tigris hinunterfährt und ein Ausrufer bei
ihm ist, der da verkündet: ,Ihr Leute allesamt, groß und klein, gering und fein,
Männer und Jüngelein! Einem jeden, der jetzt ein Schiff besteigt und auf dem
Tigris fährt, dem schlage ich den Kopf ab, oder ich hänge ihn am Maste seines
Fahrzeuges auf!' - (
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Kalif (3) Harun Raschid wurde zuweilen von
Schlaflosigkeit gequält. Eines Nachts war es damit ärger als jemals,
er wälzte sich von einer Seite zur andern, um einzuschlafen, aber vergeblich.
Endlich ließ er Mesrur rufen, und bat ihn, daß er ihm doch etwas vorschlagen
möchte, was zur Erleichterung seiner Pein dienen könnte. Will Ew. Majestät in
den Garten gehen? sprach Mesrur, die Nacht ist schön, wir wollen die Sterne
betrachten und den Mond, der schweigend zwischen ihnen hindurch geht? — Das
ist langweilig, Mesrur. — Herr, fuhr dieser fort, es
sind drey Sklavinnen in eurem Pallaste, wovon jede ein eignes Gemach bewohnt,
in jedem Gemach ist ein verstecktes Kabinet, von wo aus ihr sie sehen könnt,
ohne bemerkt zu werden. — Mesrur, antwortete der Chalife, sprich mir nicht vom
Pallast und von den Sklavinnen, das macht mir Langeweile. — Laßt, Sire, sprach
Mesrur, eure Spaßmacher, eure gewöhnlichen Tischgesellschafter,
eure Dichter kommen, damit sie euch ein paar artige
Lieder improvisiren. — Mesrur, versetzte der Chalife,
das alles mag ich nicht, das macht mir Langeweile. — Was soll ich euch noch
weiter vorschlagen, Sire, sprach Mesrur, schlagt mir den Kopf ab, vielleicht
vertreibt euch das die Langeweile. - (
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Kalif (4)
Kalif (5) Die Feuersbrunst war so hell wie
in den tiefsten Hundstagen, und es war auch dementsprechend heiß. Aber wie schmachvoll
und beschämend erst war der Anblick, den Kalifen im Dreck stecken zu sehen.
Als ihm die Sinne zu schwinden begannen, nahm ihn eine seiner Äthiopierinnen,
deren er verschiedene zu haben liebte, auf die Arme, hob ihn auf den Rücken
und setzte trotz der schweren Bürde rasch davon, als das Feuer mehr und mehr
um sich griff. Die andern Damen, die den Gebrauch ihrer Beine allmählich wieder
erlernt hatten, folgten ihr mitsamt ihren Wächtern. - William Beckford, Vathek. Stuttgart 1983 (Bibliothek
von Babel, Bd. 3., Hg. J. L. Borges)
Kalif (6, neugieriger)
Kalif (7, französischer) Eine Person, die Musspritze am Arm, löste sich aus der Gruppe, und über den Leichnam der Witwe Mouaque hinwegsteigend, betrat sie die Brasserie.
- Sieh mal an, machten Gabriel, Turandot, Gridoux und Laverdure im Chor.
Zazie war immer noch ohnmächtig.
-Ja, sagte der Mann mit der (neuen) Musspritze, ich bins, Harun Alraschid. Ich bin ich, der, den ihr gekannt und manchmal schlecht wiedererkannt habt. Fürst dieser Welt und mehrerer angrenzender Territorien, gefällt es mir, mein Reich unter verschiedenen Erscheinungen zu durchwandern und mir dabei den Anschein der Ungewißheit und des Irrtums zu geben, die mir übrigens eigen sind. Gehaltloser Urpolizist, nachtnautischer Taugenichts und unentschlossener Verfolger der Witwen und Waisen, gestatten mir diese flüchtigen Bilder, die geringfügigen Gefahren des Lächerlichen, der Flause und der sentimentalen Effusion (edle Gebärde in Richtung auf die verschiedene Witwe Mouaque} furchtlos auf rnich zu nehmen. Kaum für verschwunden erklärt von eurem seichten Bewußtsein, erscheine ich wieder als Triumphator, und sogar ohne jegliche Bescheidenheit. Seht her! (Neue, nicht weniger edle Gebärde, diesmal jedoch die Gesamtheit der Situation erfassend).
- Du quasselst, du quasselst, sagt Laverdure, das ist...
- Das ist auch so einer, der mir gut für die Bratpfanne scheint, sagt Trouscaillon, Verzeihung. Harun Alraschid.
- Niemals, ruft Turandot und drückt den Käfig fest an sein Herz. - Raymond Queneau, Zazie in der Metro. Frankfurt
am Main 1999 (zuerst 1959)
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