akteensammler »Nun verraten Sie mir, wie haben Sie das alles weggetragen ?« »Das war so«, murmelte er, und dabei sprang ihm vor Erregung der Adamsapfel auf und nieder. »Ich... ich habe mir nämlich Kleider angezogen.. .«
»Was denn für Kleider?« schrie ich.
Da wurde er puterrot und stammelte verlegen: »Frauenkleider.«
»Mensch«, wunderte ich mich, ausgerechnet Frauenkleider?«
»Weil«, seufzte er, »weil keiner
nach so einem älteren Fräulein hinsieht, und dann«,
setzte er fast sieghaft hinzu, »fällt niemandem ein, in
so einer Sache eine Frau zu verdächtigen! Herr, Frauen haben allerhand
Liebhabereien, aber nie im Leben legen sie eine Sammlung an! Haben Sie schon
eine Frau gesehen, die Briefmarken sammelt oder Schmetterlinge
oder Inkunabeln oder sonstige Dinge? Nie, Herr! Den Frauen fehlt diese Gründlichkeit
und... und. . . diese Besessenheit. Frauen sind schauderhaft
nüchtern, mein Herr! Und das ist der größte Unterschied zwischen
ihnen und uns - daß nur wir Männer Sammlungen anlegen. Ich glaube,
der Weltraum, das ist eine Sammlung von Sternen; da lebt irgendein männlicher
Gott, und der legt sich eine Sammlung von Welten an: deshalb sind es auch so
unendlich viele. Herrgott, wenn ich soviel Platz und die Mittel dazu hätte
wie er! Wissen Sie, daß ich mir neue Kakteen ausdenke? Und nachts träume
ich von ihnen, zum Beispiel einem Kaktus mit goldenem Haar und enzianblauen
Blüten. .. und ich nenne ihn Cephalocereus Nympha Aurea Racek ... ich heiße
nämlich Racek, falls Sie es noch nicht wissen sollten; oder Mamillaria
Colubrina Racek; oder Astrophytum Caespitosum Racek; Herr, da gibt es so wundervolle
Möglichkeiten! Wenn Sie wüßten .. . « »Sagen
Sie mal«, unterbrach ich ihn, »wie haben Sie die Kakteen eigentlich
weggeschleppt?« »Am Busen«, sagte
er verschämt. »Das stach so schön.« - Karel Čapek, Der gestohlene Kaktus. Frankfurt am Main 1969 (zuerst
ca. 1930)
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