affee   Leise, fieberhafte Bewegungen, Nachhälle seiner Krankheit, schlichen in seinem innersten Bau und wurden durch eine falsche Diät Leibes und der Seele unterhalten. Er floh die Menschen, enthielt sich in seiner Stube und konnte es nie warm genug darin haben. Der Kaffee, den er bisher noch gar nicht gekannt, schlich sich als Arznei bei ihm ein, dann wurde dieser Lieblingstrank erst einmal des Tages, darauf zweimal genommen und bald unentbehrlich. Dieser leidige und allgemein verbreitete Gift des Körpers und des Beutels wirkte bei ihm auf das gefährlichste. Seine Vorstellung wurde mit schwarzen, leicht beweglichen Bildern erfüllt, mit welchen seine Imagination ein rastloses Drama, das die Hölle des Dante zum würdigen Schauplatz erwählet hätte, aufzuführen sich gewöhnte. Die vorübergehende falsche Stimmung, die dieser verräterische Saft dem Geiste gibt, ist zu reizend, als daß man sie, einmal empfunden, entbehren möchte, die Abspannung und Nüchternheit, die darauf folget, zu öde, als daß man nicht den vorigen Zustand durch neuen Genuß wieder heraufholen sollte.

Der Tee, ein würdiger, obgleich weitläufiger Anverwandter der verderblichen Bohne, ward als ein guter Gesellschafter, die häusliche Langeweile zu ergötzen, auch abends gewöhnlich aufgefordert; und da dann gleichfalls der Wein nicht immer mäßig genommen wurde, wenn gute Freunde zu Tische waren und die Lebhaftigkeit des Gespräches sich in einem solchen Vehikel am besten ausbreitete, so entstand daraus und aus andern Verknüpfungen ein widriges Unbehagen in seinem ganzen Wesen.

Er ward von falschen Launen gepeitscht, seine Begriffe waren verworren und übertrieben, man erkannte ihn fast nicht mehr gegen die vorigen Zeiten. Leider wird dieser fast so unbeschreiblich- als unerträgliche Zustand von vielen wohl verstanden werden, die, wie unser Freund, sich für außerordentliche physische und moralische Phänomene ansehen und jene Bewegungen, die sie zerreißend beunruhigen, der Gewalt ihres Herzens, der Kraft ihres Geistes zuschreiben; da sie doch mit etwas mehr Ordnung in ihrer Diät, mit etwas mehr Natur in ihrem Genüsse zu ihrer eigenen und zu der Ihrigen Zufriedenheit recht ordentliche und recht natürliche Menschen werden würden. Ja, erlaubt mir, meine Freunde, daß ich euch sage: Ihr erscheint mir oft wie kleine, sachte Bäche, worein die Knaben Steine tragen, um sie rauschen zu machen. - Goethe, Wilhelm Meisters theatralische Sendung

Kaffee (2) Heute bin ich aufgestanden, schier wie um vor mir zu fliehen — Sehr starken Kaffee getrunken. Und ich komme überhaupt nicht mehr herunter. Ich bin, ich fühle mich wie eine in höchsten Tönen schwirrende Saite. Mein Kopf gibt nur das Schrillste von sich, ich kann soviel rauchen wie ich will, in der Hoffnung, ihn zu betäuben, er ist zu klar, zu schneidend, er verletzt mich bei jedem Gedanken. Dieses Tempo bringt mich um.

Ich habe keine Zeit zum Denken, er gebiert, gebiert, gebiert. Das Land saust vorbei, die Bäume fressen die Städte auf, die Flüsse werden wie Flaschen zur Wagentür hinausgeworfen, die Wahrheiten fliegen wie Geschosse vorüber, die Wörter zischen vorbei und sind weg; Not, etwas zu fassen und zu halten — mit keuchendem Gedächtnis.

Diese Geschwindigkeit ist toxisch — Kaffee — Die Zeitstücke, so kurz, so nah an der kürzestmöglichen Verweildauer psychischer Eindrücke überhaupt, jener Dauer, von der ab das Denken ja erst möglich wird, und möglich auch die Auswertung dieses Aufwallens im geschlossenen Gefäß.    - (pval2)

 

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