- Franz Kafka, Tagebücher (3. Dezember 1911) Frankfurt am Main
1967
Junggesellen (2) Alles Egoisten und Wüstlinge,
gehen mit ihren Dienstmädchen ins Bett. Man wettere dagegen. - Müßten eine Extrasteuer
zahlen. - »Was für ein trauriges Leben die mal haben werden!« - (
fla
)
Junggeselle (3)
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- Rainer Maria Rilke
Junggeselle (4) Mein alter Freund Driessen, ein Junggeselle, bekam 1926 eine Haushälterin, eine bäuerliche, ältere, etwas bucklige Frau, mit deren Ankunft in dem stattlichen, geräumigen Haus, dem geordneten Gelehrtenheim, ein seltsames Getümmel entstand. Polterade Schritte, treppauf, treppab, Malereien hoch oben hart unter der Decke, immer wieder, und große Buchstaben, Inschrift innerhalb verschlossenen Schrankes, zu dem allein der alte Herr den Schlüssel hatte, Zusatzmalereien an Wandbildern, die fest unter Glas (!) und Rahmen waren, Lichterscheinungen bei Nacht, Klopfen bei Tag und vieles andere.
Ich wurde als Arzt und Interessent gerufen, kam, sah und prüfte. Die alte Frau Krause war eben ein Medium, und nun — was ich heute nicht mehr übe — setzten wir beide uns mit der Alten still (bei hellem Lichte) hin. Sie geriet in Trance. Und sie brachte in den zwei bis drei Wochen unserer Sitzungen Phänomene, an denen der forschende alte Jurist wie der Arzt mehr lernte als an vielen, vielen Büchern und Schriften, die wohl Dinge berichten, die als Sensation aufgefaßt werden, aber selten — bei gutem Willen — als Brücken und Fingerzeige dem Strebenden zum Aufklären gewisser unverstandener Texte der Heiligen Schriften alter und neuer Welt dienen.
Ich mag nicht länger auf Einzelheiten eingehen. Für schon Erfahrene nur dies:
Die animistische Hypothese mancher dieser Erscheinungen ist sicherlich des öfteren
zutreffend, die spiritistische aber mindestens ebenso.
Die spiritistische gilt mehr bei spontanen Erscheinungen, die animistische mehr
bei Sitzungen mit Medien. Genug davon, der guten Frau Krause mußte leider gekündigt
werden, da die Nachtunruhen (Lichter und Geräusche)
den Schlaf des Hausherrn allzusehr störten (obschon der alte Weise keine Angst
hatte) und das Dienstmädchen kündigen wollte. Die
arme Frau Krause hatte schon manche Kündigung hinter sich. Nun aber noch etwas
Merkwürdiges: Klopfen und Unruhe blieb, wenn auch nicht im alten Grade. Der
Exorzismus zweier Geistlicher, eines katholischen, dann
eines evangelischen (Freund Driessen war Katholik) half nichts. Ich gab
ihm den Rat, die Planchette* zu vernichten und unsere Protokolle zu entfernen
(letztere in meine Wohnung). Er tat das, und es ward Ruhe im Haus. -
Otto
Buchinger: Vom Marinearzt zum Fastenarzt. Metamorphosen eines
Wandernden. Freiburg i. Br. 1955
* Buchstabenbrett der mediumistischen Kundgebungen
Junggeselle (5) Die Emanglonen dulden Junggesellen nicht. Keine zwei Wochen lassen sie einen allein. Nein, man muß sich sofort entschließen, eine Frau zu nehmen. »Denn«, sagen sie, »einem Junggesellen ist immer zu mißtrauen. Eines Tages tötet, vergewaltigt er ein Mädchen, dem das großen Schaden zufügt, will eine neue Religion stiften, wird übermäßig ehrenhaft und logisch, und es wird keinen Spaß mehr machen, mit ihm zusammen zu leben.« Die Nachbarn fühlen sich belästigt, genieren sich, mit ihren Frauen die natürlichsten Stellungen einzunchmen. Kurz, es wird unhaltbar. Also gehen sie zu dritt oder viert hinaus, lauern dem keuschen Mann auf und erschlagen ihn kaltblütig und vielleicht sogar haßerfüllt.
Denn in ihrer Männlichkeit getroffene Männer werden leicht von Raserei gepackt.
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(mich2)
Junggeselle (5) SCHNOFERL: Mein Räsonnieren
übern Ehstand is etwas fabelhaft, denn es hat sehr viel Fuchs- und Weinbeerartiges
an sich. Meine Junggesellenschaft ist nicht als staubige Distl auf der rohen
Busta des Weiberhasses emporgeschossen, o nein, sie ist als düsteres Efeu dem
Garten der Liebe entkeimt; für mich war die Liebe kein buntes Gemälde in heiterer
Farbenpracht, sondern eine in der Druckerei des Schicksals verpatzte Lithographie,
grau in grau, schwarz in schwarz, dunkel in schmutzig verwischt. Die pragmatische
Geschichte meines Herzens zerfällt in drei miserable Kapitl, zwecklose Träumereien,
abbrennte Versuche, und wertlose Triumphe. Wenn der Mensch nie diejenige erringt,
wo er eigentlich - wo es der Müh' wert, wo - ich kann mich nicht ausdrücken,
mag mich eigentlich nicht ausdrücken - wenn der Mensch kein Baumkraxler genug
war, um die wahren süßen Früchte am Lebensbaum zu erreichen,
wenn - ich find' nicht die gehörigen Worte, das heißt, ich findet s', aber,
grad die g'hörigen täten sich nicht g'hören - mit einem Wort, der Mensch verfallt
nach einigen Desperations-Paroxysmen in eine ruhige Sarkasmus-Languissance,
wo man über alles räsonniert, und anderseits wieder alles acceptable
find't. - Johann Nestroy, Das Mädel aus der Vorstadt, In: J. N., Werke,
Hg. O. M. Fontana. Darmstadt 1968 (zuerst 1841)
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