üdin
»Es gibt hier unterirdische Gänge und Geheimtüren«, sagte sie und
entnahm dem Schrank ein kleines Portefeuille aus Saffian. »Ein. komischer Schrank,
nicht wahr? In diesem Portefeuille ruht ein Viertel meines Vermögens. Schauen
Sie nur, wie dickbäuchig es ist! Sie werden mich doch nicht am Ende erwürgen
wollen?«
Susanna blickte den Leutnant an und lachte gutmütig. Der Leutnant mußte ebenfalls lachen.
Sie ist sehr nett! dachte er und beobachtete, wie ihre Finger mit den Schlüsseln spielten.
»Da ist er!« sagte sie, als sie das Schlüsselchen, das zum Portefeuille paßte,
gefunden hatte. »Und nun, mein Herr Gläubiger, haben Ihre Wechsel anzutreten.
Die Wahrheit gesprochen, wie dumm ist doch Geld! Wie unwürdig ist es, und dennoch:
wie sehr lieben es die Frauen! Sie müssen wissen, ich bin Jüdin bis ins Mark,
ich kann mich besinnungslos für alle Schmule und Jankel begeistern - was mir
jedoch an meiner semitischen Rasse zuwider ist, das ist die Gier, verdienen
zu wollen. Da wird Geld angehäuft, ohne daß man weiß, wozu es gehäuft wird.
Man muß leben und genießen, die aber fürchten sich, eine Kopeke unnütz auszugeben.
In dieser Hinsicht habe ich eigentlich mehr Ähnlichkeit mit einem Husaren als
mit einem Schmul. Ich kann es nicht leiden., wenn das Geld lange am gleichen
Fleck liegenbleibt. Und überhaupt will mir scheinen, daß ich wenig von einer
Jüdin habe. Sagen Sie mal, ist eigentlich mein Akzent sehr verräterisch, wie?«
-
Anton Tschechow, Morast. Nach (tsch)
Jüdin (2) Rebekka streitet immer noch
mit Wanja, halb ist es schon ein Flirt. Wanja versucht, alles im intellektuellen
Code zu halten, aber die Jüdin zieht ihn immer wieder zum Körperlichen zurück
... so sinnlich: die Innenseiten ihrer Schenkel, gleich über dem Knie, glatt
wie Öl, die Spannung in all ihren Muskeln, das wache Gesicht, die freche Judenschnauze,
vorgespitzt, die flinke Zunge zwischen ihren vollen Lippen ... wie das wohl
wäre, mit ihr im Bett? Es nicht nur mit einer Frau zu treiben, sondern mit einer
Jüdin ... Die animalische Dunkelheit, die sie haben ... ein schweißnasser Hintern,
der ungestüm gegen ihr Gesicht drängt, schwarze Haare, die in einer krausen
Sichel aus der Spalte nach den Backen greifen ... das Gesicht über die Schulter
zurückgeworfen, lächelnd in rauher Verzückung ... alles ganz überraschend, wirklich,
in der Zuflucht eines Augenblicks in einem blaßgelben Zimmer, während die Männer
draußen, mit narkotisiertem Grinsen, durch die Korridore wanderten ... «Nein,
nicht so fest! Sanft mußt du sein. Ich sag dir schon, wann du schneller werden
sollst.» - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei
Hamburg 1981
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