ohannistrieb  »Was wollen Sie, Monsieur, wenn man sein ganzes Leben gearbeitet hat, kommt der Moment, wo man denkt, daß man manches hätte anders machen sollen, und dann bereut man, oh, wie man bereut! Denken Sie doch, zwanzig Jahre hätte man sich im Grünen küssen können wie die andern, wie andere Frauen auch. Ich dachte, wie gut es wäre, unter Bäumen zu liegen und sich zu lieben! Und das dachte ich alle Tage, alle Nächte! Ich träumte vom Mondschein auf dem Wasser, bis ich mich am liebsten ersäuft hätte.

In der ersten Zeit traute ich mich nicht, zu Monsieur Beaurain davon zu reden. Ich wußte, er würde sich über mich lustig machen und mich mein Garn und meine Nadeln verkaufen schicken! Und dann, ehrlich gesagt, Monsieur Beaurain verlockte mich nicht mehr sehr; aber wenn ich in meinen Spiegel guckte, begriff ich, daß auch ich niemand mehr ansprechen würde!

Also faßte ich mir ein Herz und schlug ihm einen Ausflug in die Gegend vor, wo wir uns kennengelernt hatten. Er war einverstanden, ohne sich was zu denken, und wir kamen heute morgen gegen neun hier an.

Ich fühlte mich ganz aufgewühlt, als ich in die Felder kam. Ein Frauenherz, das altert nicht! Und ehrlich, ich sah meinen Mann nicht mehr, wie er ist, sondern wie er früher war! Das schwöre ich, Monsieur. Wahr und wahrhaftig, ich war wie im Rausch. Ich begann ihn zu küssen; er staunte mehr, als wenn ich ihn hätte ermorden wollen. Er sagte immerzu: ›Bist du denn verrückt? Bist du denn verrückt heute morgen? Was ist in dich gefahren?‹ Ich hörte nicht auf ihn, ich hörte nur auf mein Herz. Und ich lotste ihn in den Wald ... Und da! ... Ich habe die Wahrheit gesagt, Herr Bürgermeister, die ganze Wahrheit.«

Der Bürgermeister war ein witziger Mann. Er erhob sich, lächelte und sagte: »Gehen Sie in Frieden, Madame, und sündigen Sie hinfort nicht mehr ... im Grünen.«   - (nov)

Johannistrieb (2)   Scipio  war überhaupt ein Feind des weiblichen Geschlechts oder ganz und gar unfähig, es zu befriedigen, wenn man auch sagt, daß er auf seine alten Tage mit einer der Sklavinnen seiner Frau zu lieben begann; das ertrug sie sehr geduldig, aus ganz bestimmten Gründen, die sich darüber anführen ließen. - (brant)
 
 

Spaetsommer

 

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