äger   nicht daß ich von all diesen weibern enttäuscht gewesen wäre nur es hätte halt immer beim netten abenteuer bleiben sollen souvenir souvenir sie brauchen ja gar nicht die mühe des jägers auf die schultern zu nehmen spielen sie frech den edlen hirschen man schießt sie bei jeder dichter-lesung oder vernissage ab trinken sie in einer kunstausstellung gedankenvoll ein glas rotwein lassen sie in schöngeistiger gesellschaft ein wertloses manuskript fallen erzählen sie vom harten leben am rio bamba und das reich der tanten harrt ihrer lassen sie sich dankbar umerziehen eine nacht lang einen sonnabend lang aber legen sie spätestens bis sonntag mittag diesen schlechtsitzenden anzug wieder ab flüchten sie in ein café und hüten sie sich besonders vor den innigen seelen - H.C. Artmann, Nachrichten aus Nord und Süd. München 1981 (dtv 6317, zuerst 1978)

Jäger (2) Vor einer Mauer lag ich am Boden, wand mich vor Schmerz, wollte mich einwülen in die feuchte Erde. Der Jäger stand neben mir und drückte mir einen Fuß leicht ins Kreuz. »Ein kapitales Stück«, sagte er zum Treiber, der mir den Kragen und Rock durchschnitt, um mich zu befühlen. Meiner schon müde und nach neuen Taten begierig, rannten die Hunde sinnlos gegen die Mauer an. Der Kutschwagen kam, an Händen und Beinen gefesselt wurde ich neben den Herrn über den Rücksitz geworfen, so daß ich mit Kopf und Armen außerhalb des Wagens niederhing. Die Fahrt ging flott, verdurstend mit offenem Mund sog ich den hochgewirbelten Staub in mich, hie und da spürte ich den freudigen Griff des Herrn an meinen Waden.  - (hochz)

Jäger (3)  »Sind Sie tot?«

»Ja«, sagte der Jäger, »wie Sie sehen. Vor vielen Jahren, es müssen aber ungemein viel Jahre sein, stürzte ich im Schwarzwald — das ist in Deutschland — von einem Felsen, als ich eine Gemse verfolgte. Seitdem bin ich tot.« »Aber sie leben doch auch«, sagte der Bürgermeister. »Gewissermaßen«, sagte der Jäger, »gewissermaßen lebe ich auch. Mein Todeskahn verfehlte die Fahrt, eine falsche Drehung des Steuers, ein Augenblick der Unaufmerksamkeit des Führers, eine Ablenkung durch meine wunderschöne Heimat, ich weiß nicht, was es war, nur das weiß ich, daß ich auf der Erde blieb und daß mein Kahn seither die irdischen Gewässer befährt. So reise ich, der nur in seinen Bergen leben wollte, nach meinem Tode durch alle Länder der Erde.«

»Und Sie haben keinen Teil am Jenseits?« fragte der Bürgermeister mit gerunzelter Stime.

»Ich bin«, antwortete der Jäger, »immer auf der großen Treppe, die hinaufführt. Auf dieser unendlich weiten Freitreppe treibe ich mich herum, bald oben, bald unten, bald rechts, bald links, immer in Bewegung. Aus dem Jäger ist ein Schmetterling geworden. Lachen Sie nicht.« »Ich lache nicht«, verwahrte sich der Bürgermeister.

»Sehr einsichtig«, sagte der Jäger. »Immer bin ich in Bewegung. Nehme ich aber den größten Aufschwung und leuchtet mir schon oben das Tor, erwache ich auf meinem alten, in irgendeinem irdischen Gewässer öde steckenden Kahn. Der Grundfehler meines einstmaligen Sterbens umgrinst mich in meiner Kajüte. Julia, die Frau des Bootsführers, klopft und bringt mir zu meiner Bahre das Morgengetränk des Landes, dessen Küste wir gerade befahren. Ich liege auf einer Holzpritsche, habe — es ist kein Vergnügen, mich zu betrachten — ein schmutziges Totenhemd an, Haar und Bart, grau und schwarz, geht unentwirrbar durcheinander, meine Beine sind mit einem großen, seidenen, blumengemusterten, langgefransten Frauentuch bedeckt. Zu meinen Häupten steht eine Kirchenkerze und leuchtet mir. An der Wand mir gegenüber ist ein kleines Bild, ein Buschmann offenbar, der mit einem Speer nach mir zielt und hinter einem großartig bemalten Schild sich möglichst deckt. Man begegnet auf Schiffen manchen dummen Darstellungen, diese ist aber eine der dümmsten. Sonst ist mein Holzkäfig ganz leer. Durch eine Luke der Seitenwand kommt die warme Luft der südlichen Nacht und ich höre das Wasser an die alte Barke schlagen.

Hier liege ich seit damals, als ich, noch lebendiger Jäger Gracchus, zu Hause im Schwarzwald eine Gemse verfolgte und abstürzte. Alles ging der Ordnung nach. Ich verfolgte, stürzte ab, verblutete in einer Schlucht, war tot und diese Barke sollte mich ins Jenseits tragen. Ich erinnere mich noch, wie fröhlich ich mich hier auf der Pritsche ausstreckte zum erstenmal. Niemals haben die Berge solchen Gesang von mir gehört wie diese vier damals noch dämmerigen Wände.

Ich hatte gern gelebt und war gern gestorben, glücklich warf ich, ehe ich den Bord betrat, das Lumpenpack der Büchse, der Tasche, des Jagdgewehrs vor mir hinunter, das ich immer stolz getragen hatte, und in das Totenhemd schlüpfte ich wie ein Mädchen ins Hochzeitskleid. Hier lag ich und wartete. Dann geschah das Unglück.«  - (kaf)

Jäger (4)

der jäger nach der seife greift
um von der hand das blut des rehes

nimm seife, jäger, wasche dir die hände
damit du nachts nicht träumst von rehes ende

der jäger greift sich an den schwanz
ist das verfluchte röhr noch ganz?

was ich in meiner hose berge
gebührte eher einem zwerge

vielleicht daß es dem zwerge stünde
ich hab zu früh gehört von sünde

an schweinemund und hasenherz
zieht mich das leben himmelwärts

mein klumpfuß zieht die damen an
wie es der stärkste schwanz nicht kann

ich sein hund in hasen
ich sein hasen in hund
das sein ein jagen

ich sein jägersmann in hund
ich sein jägersmann in hasen
ich sein ein flinten
ich sein schrotpatron in flinten

- Ernst Jandl, Idyllen. Darmstadt 1989

Jäger (5) Jeder von uns hat sich dann und wann schon einmal da­nach gesehnt, in die Wälder zu fliehen oder ähnliches zu tun, besonders diejenigen, die in den großen Städten leben.

Wie Rivers. Denn in ihrem Wirrwarr haben wir uns selbst verloren, sind tatsächlich nicht authentische Persönlichkei­ten, sondern phantastische Figuren in irgendeinem gigantischen Fiebertraum geworden. Er wenigstens hatte den Mut, damit zu brechen und zu gehen.

Unter diesem Druck tun wir schließlich, was alle Herdenwesen tun; wir fangen an, zu hasten, um ihm zu entkommen, dann steigern wir uns in einen Trab und schließlich in eine wilde Jagd hinein (die Uhren in der Hand), und wissen doch nicht, worauf wir zusteuern, und haben keine Zeit, es herauszufinden.

Er wollte sich in etwas hineinstürzen, das größer war als er selbst. In primitiver, körperlicher Weise. Maine bot das. Rotwildjagd. Er brachte Wildbret mit heim und schenkte allen seinen Freunden ein Stück davon.

Aber auch das endete ziemlich schlimm. Nachdem seine Augen durch Mißbrauch und Krankheit schwach gewor­den waren, erschoß er eines Tages — es war ein Unfall — seinen besten Freund in den Wäldern, einen Führer, dem er immer gefolgt war, schoß ihn durch die Schläfen tot, mausetot.

Charakteristisch für den Mann ist es, daß er der Familie des Unglücklichen gewissenhaft Entschädigung zahlte, so gut er konnte, alles, was sie von ihm verlangten, auf Heller und Pfennig. Und dann, als die letzte Rate bezahlt war, lud er einen jungen Arzt, mit dem er bekannt war, zu einem Essen nach New York ein - zu einem rauschenden Fest.

Eine Zeitlang war es Rivers' Hobby, Klapperschlangen zu fangen, von denen es in den Bergen von Nord-Jersey nur so wimmelte. Er genoß das Sportliche daran und anscheinend die Gefahr, wobei eine Wendung ins Wissenschaftliche darin bestand, daß das gesammelte Gift in New York für Laborzwecke verwandt werden sollte.

Einer meiner Patienten vermittelte mir einen Eindruck davon, wie seine Praxis zu jener Zeit aussah:

Wir waren sechs Kinder, Brüder und Schwestern. Ich selbst muß ungefähr zehn Jahre alt gewesen sein. An den Sonntagmorgen gingen wir immer hin und saßen dort herum. Wir waren ganz wild darauf. Wir schauten uns gern seine Trophäen an. Er hatte auch was vorzuweisen, Elch-und Hirschköpfe an der Wand und Fische aller Art.

Er war ein großer Jäger. Ich erinnere mich, daß er einmal meinem Vater erzählte, wie er von einer Klapperschlange in den Arm gebissen worden war. Als Arzt wußte er, was ihn erwartete. Er bat seinen Begleiter, sein Messer zu nehmen und die Bißstelle herauszuschneiden. Aber der Begleiter hatte nicht die Nerven dazu. So nahm der Doc sein eigenes Jagdmesser in die andere Hand und schlitzte den Arm tief auf und saugte das Blut heraus. Ich glaube, er nahm erst eine Dosis Rauschgift, damit er es aushallen konnte. Mein Vater und ich waren in seiner Praxis, und er rollte den Ärmel hoch und zeigte uns den Schnitt - er verlief längs; genau in der Mitte des Arms.   - William Carlos Williams, Der alte Doc Rivers, nach (messer)

Jäger (6)

Jagd Tierleben
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