sis war eine Frau, mächtig von Worten, und sie war der Menschenwelt müde und sehnte sich nach der Welt der Götter. Und sie dachte nach in ihrem Sinne und sprach: "Kann ich mich nicht kraft des großen Namens von Ra zur Göttin machen und gleich im Himmel und auf Erden herrschen?" Denn Ra hatte viele Namen, aber der große Name, der ihm alle Gewalt über Götter und Menschen gab, war nur ihm allein bekannt. Nun war der Gott mit der Zeit alt geworden, er sabberte und sein Speichel tropfte auf die Erde. Da sammelte Isis den Speichel und die Erde zusammen auf und knetete daraus eine Schlange und legte sie an die Stelle, wo der große Gott jeden Tag vorüberkam, auf dem Wege zu seinem Doppelkönigreich, wie sein Herz es sich wünschte. Und als er seiner Gewohnheit gemäß in Begleitung der ganzen Göttergesellschaft herannahte, stach ihn die heilige Schlange, und der Gott öffnete den Mund und schrie und sein Schrei drang zum Himmel empor. Und die Göttergesellschaft rief: "Was fehlt dir?" Und die Götter schrien: "Siehe!" Aber er konnte nicht antworten; seine Kiefer schlugen aufeinander, seine Glieder zitterten, das Gift floß durch sein Fleisch, wie der Nil durch das Land fließt. Als der große Gott sein Herz zum Schweigen gebracht hatte, rief er seinen Begleitern zu: "Kommet zu mir, o meine lieben Kinder, Ihr, die Sprößlinge meines Leibes. Ich bin ein Fürst, der Sohn eines Fürsten, der göttliche Same eines Gottes. Mein Vater hat mir meinen Namen gegeben; mein Vater und meine Mutter haben mir meinen Namen gegeben, und er ist seit meiner Geburt in meinem Leibe verborgen geblieben, auf daß kein Zauberer magische Gewalt über mich habe. Ich ging aus, um anzuschauen, was ich geschaffen habe, ich wandelte in die beiden Länder, die ich gemacht habe, und siehe, etwas hat mich gestochen. Was es war, weiß ich nicht. War es Feuer? War es Wasser? Mein Herz ist in Flammen, mein Fleisch erzittert, all meine Glieder schlottern. Bringt mir die Kinder der Götter mit heilenden Worten und verstehenden Lippen, deren Macht bis an den Himmel reicht." Da kamen zu ihm die Kinder der Götter, und sie waren sehr kummervoll. Und Isis kam mit ihrer Kunst, sie, deren Mund voll Lebensodem ist, deren Zauber die Schmerzen vertreibt, deren Wort die Toten ins Leben ruft. Sie sprach: "Was ist es, göttlicher Vater? was ist dir?" Der heilige Gott öffnete seinen Mund, redete und sprach: „Ich ging meines Weges, ich ging, wie es mein Herzenswunsch war, in den beiden Reichen, die ich geschaffen habe, auf daß ich anschauete das, was ich gemacht habe, und siehe! eine Schlange, die ich nicht sah, stach mich. Ist es Feuer? Ist es Wasser? Ich bin kälter als Wasser, ich bin heißer als Feuer, all meine Glieder schwitzen, ich zittere, mein Auge ist unsicher, ich sehe den Himmel nicht, die Feuchtigkeit betaut mein Gesicht wie zur Sommerzeit." Da sprach Isis: "Sage mir deinen Namen, göttlicher Vater, denn der Mann wird leben, der bei seinem Namen genannt wird." Da antwortete Ra: "Ich habe Himmel und Erde geschaffen, ich gebot den Bergen, ich machte die große und weite See, ich streckte die beiden Horizonte wie einen Vorhang aus. Ich bin es, der die Augen öffnet, und es ist licht; der sie schließt, und es ist dunkel. Auf meinen Befehl steigt der Nil, aber die Götter kennen meinen Namen nicht. Ich bin Khepera des Morgens, ich bin Ra zur Mittagszeit, ich bin Tum am Abend." Aber das Gift wurde nicht von ihm genommen; es stach tiefer, und der große Gott konnte nicht gehen. Da sprach Isis zu ihm: „Das war nicht dein Name, den du mir nanntest. O sage ihn mir, auf daß das Gift schwinde; denn der wird leben, dessen Name genannt wird." Das  Gift brannte jetzt wie Feuer, es war heißer als die Feuerflamme. Der Gott sprach: „Ich willige ein, daß Isis mich durchforsche, und daß mein Name aus meiner Brust in die ihre eingehe." Da versteckte sich der Gott vor den übrigen Göttern, und sein Platz im Schiff der Ewigkeit ward leer. So ward der Name des großen Gottes von ihm genommen, und Isis, die Hexe, sprach: "Fließe davon Gift, und verlasse den Ra. Ich bin es, ja ich, die das Gift überwindet und es zu Boden wirft, denn der Name des großen Gottes ist von ihm genommen. Laß Ra leben und das Gift sterben." Also sprach die große Isis, die Königin der Götter, sie, welche Ra kennt und seinen wahren Namen. - (fraz)
 
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