Idiolekt    Es ist angebracht, ein wenig die Gemütsart meines Vaters zu beschreiben. Er war ein Mann von altem Schrot und Korn, in puris naturalibus, der in seinem ganzen Leben keine Überlegungen angestellt hatte; starrköpfig bis zur Wunderlichkeit. Er sagte ganz naiv: «Es heißt, ich sei starrsinnig; so bringe man mir jemanden, der mich überzeugt, und ihr sollt sehen, daß ich gar nicht starr bin.» Er war ein Mann von Ehre, und er war gütig, aber Weltklugheit war seine Sache nicht.

Er besaß seine ganz eigene Redeweise und glaubte, jedermann müsse ihn verstehen, so wie das seine Familie tat. Die Abneigung, die er gegen einen schottischen Prediger namens Primrose hegte, welcher zwei geschlagene Stunden predigen konnte, ohne etwas von Wert zu sagen, war der Grund, daß er einen Fabelhans und Windbeutel einen «Schotten» hieß. «Der, von dem Ihr da redet, ist ein Schotte.» Er meinte damit einen Hans-Narren. «Mit Verlaub, mein Herr», sagte sein Gegenüber, «er stammt aus Toulouse.» Jetzt nannte er den Almosenier im Scherz «unseren Schotten». Einmal fragte der Türsteher den Kutscher des Almoseniers: «Wo hast du denn deine Fuhre gelassen ?» - «Ich habe unseren Schotten im Palais-Royal gelassen», gab ihm der Kutscher Bescheid. Dann verfiel mein Vater auf eine Steigerung und sagte «vortrefflicher Schotte», dann «vortrefflich» allein, danach «prächtig vortrefflich» und schließlich nichts als «prächtig», dergestalt, daß man, um zu erfahren, was er sagen wollte, die ganze Stufenfolge mitmachen mußte. Zu Außenstehenden sprach er, wofern er nur ein wenig guter Laune war, denn er war von Natur aus aufgeräumt, wie zu seinen Kindern, man verstand ihn, wenn man dazu in der Lage war. Als Ruvigny, der meine Schwester geheiratet hat, ihm das erste Mal seine Aufwartung machte, wurde er ganz furchtbar angeführt. Er sagte zu allem ja und lachte, wenn er ihn lachen sah. «Meine Frau ist C.A.I.L. mit ihrer Tochter» {d. h. caillette, Plaudertasche, er wollte sagen, sie sei ganz vernarrt in ihre Tochter), «Ihr werdet dem Mariechen sein Ehemann sein, und wenn sie zwölf Dutzend ist» {zwölf Dutzend ist ein Gros, er meinte «schwanger»), «dann bekommt sie schön ihre Fleischbrühen. Laßt es Euch gesagt sein, mein Niftel von Battagley hat das Herz auf dem rechten Fleck.» (Er meinte, daß meine Schwester ein gutes Herz habe.) Wenn er sagen wollte: «Ihr redet die Wahrheit», dann sagte er: «Das Kind spricht wahr, es waren welche für hundert Taler dabei», weil es in La Rochelle einen Blinden gegeben hatte, der einen kleinen Jungen vor sich hergehen ließ. Der Kleine rief: «Wer hat alte Schuhe zu verkaufen? Mein Vater kauft sie.» Und der Greis ergänzte gravitätisch: «Das Kind spricht wahr, es waren welche für hundert Taler dabei.»

Die verwitwete Frau von Rohan, die Ruvigny ins Haus brachte, empfing er, treuherzig, wie er war, anstatt im Hof in seiner Ecke am Feuer und hatte dabei, im Glauben, ihr eine Ehre zu erweisen, seinen schönen Schlafrock angetan. Anstelle von «GutenTag» sagte er immerfort «Lebewohl». «Lebt wohl, Monsieur, wie ist Euer Befinden?»   - (tal)

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