usten Sie (meine Freundin) schlief zur Seite eines geliebten Mannes. Es war Nacht, wohlverstanden.

Den Mann kannte sie kaum oder vielmehr erst seit kurzem.

Derlei passiert gelegentlich, besonders in der Welt des Theaters. Überlassen wir die Bürgerinnen ihrem Staunen. Neben einem Mann zu schlafen, gleichviel ob man ihn mehr oder minder kennt, ändert nur wenig daran, wie man sich im Dunkel des Bettes verhält. Wäre ich eine Frau, würde ich, glaube ich, neue Freunde bevorzugen. Sie dürften in jeder Hinsicht liebenswürdiger sein als langgewohnte.

Man hat in der Welt, die sich die »wohlanständige« nennt, dazu eine verschiedene Sehweise, und die ist durchaus die meinige nicht. Das tut mir um der Frauen dieser Welt willen leid; doch frage ich mich, ob die Sehweise die Verhaltensweise empfindlich verändert ...

Sie also schlief neben einem neuen Freund. So etwas ist eine heikle und äußerst schwierige Sache. Bei einem alten Gefährten darf man sich gehenlassen, man geniert sich nicht, man kann sich nach Belieben umdrehen, Fußtritte austeilen, drei Viertel der Matratze beschlagnahmen, ihm die ganze Decke wegziehen und sich hineinrollen, schnarchen, knurren, husten (husten sage ich mangels Besserem) und gähnen. (Was halten Sie von Gähnen als Synonym?)

Aber um dahin zu gelangen, braucht es mindestens ein halbes Jahr Vertrautheit. Und ich spreche von Leuten, die ungezwungenen Naturells sind. Die übrigen wahren stets gewisse Zurückhaltungen, die ich für mein Teil gutheiße. Aber in dem Punkt empfinden wir wohl nicht gleicherweise.

Wenn es sich um eine neue, mutmaßlich gefühlsbetonte Bekanntschaft handelt, sind einige Vorsichtsmaßregeln unstreitig geboten, um seinen Bettnachbarn nicht zu belästigen und um einen gewissen Zauber, die Poesie und eine gewisse Achtung voreinander nicht zu verletzen.

Sie schlief. Aber plötzlich durchlief ihr Inneres ein stechender, wandernder Schmerz. Das fing in der Magenhöhle an und rollte abwärts nach ... nach ... nach der unteren Gurgel hin, von heimlichem Donnergrollen in den Eingeweiden begleitet.

Der Mann, der neue Freund, lag friedlich mit geschlossenen Augen auf dem Rücken.

Beunruhigt, zaudernd äugte sie nach ihm.

Haben Sie, Herr Kollege, je mit einer Erkältung in der Brust in einer Theaterpremiere gesessen? Der ganze Saal verhält inmitten vollkommener Stille gebannt den Atem; Sie indes hören nicht mehr zu. Sie warten verzweifelt auf ein Geräusch, um zu husten. Ihre ganze Kehle entlang fühlen Sie ein fürchterliches Kitzeln und Pieken. Schließlich halten Sie es nicht mehr aus. Pech für die Nachbarn. Sie husten. Der ganze Saal schreit: Hinaus!

Sie nun befand sich in demselben Fall, von dem schrecklichen Bedürfnis zu husten gepeinigt, gefoltert. (Wenn ich husten sage, hoffe ich natürlich, Sie übersetzen.)

Er schien zu schlafen; er atmete ruhig. Bestimmt schlief er.

Sie sagte sich: Ich will es vorsichtig tun; ich werde versuchen, nur zu hauchen, ganz zart nur zu hauchen, um ihn ja nicht aufzuwecken. Und sie tat wie jene, die den Mund in der Hand verbergen und sich bemühen, ihre Kehle lautlos zu befreien, indem sie die Luft mit Geschick entweichen lassen.

Sei es nun, daß sie es ungeschickt anstellte, sei es, daß der Reiz gar zu stark war, sie hustete.

Und schon verlor sie den Kopf. Wenn er es gehört hatte, welche Schande! Und welche Gefahr! Oh! wenn er womöglich gar nicht schlief? Wie sollte sie das wissen? Sie starrte nach ihm, und im Schein der Nachtlampe meinte sie zu sehen, wie sein Gesicht mit den geschlossenen Augen lächelte. Aber wenn er lächelte ... dann schlief er doch nicht... und wenn er nicht schlief...

Sie versuchte mit dem Munde, dem richtigen, ein ähnliches Geräusch hervorzubringen, um ihren Gefährten zu verunsichern.

Es gelang nicht sehr ähnlich.

Ja, schlief er denn nun?

Sie drehte sich um, rekelte sich, stieß ihn an, um Gewißheit zu erlangen.

Er rührte sich nicht.

Da begann sie zu trällern. Der Herr regte sich nicht. Kopflos rief sie ihn an: »Ernest.«

Er machte keine Bewegung, antwortete aber sogleich: »Was willst du?«

Sie bekam Herzklopfen. Er schlief also gar nicht, hatte überhaupt nie geschlafen! ...

Sie fragte: »Schläfst du denn nicht?«

Ergeben murmelte er: »Das siehst du doch.«

Sie wußte vor Beklommenheit nicht, was sie weiter sagen sollte. Schließlich fing sie wieder an: »Hast du nichts gehört?«

»Nein«, antwortete er, immer noch ohne jede Bewegung.

Eine unsinnige Lust, ihn zu ohrfeigen, überkam sie, und sie setzte sich im Bett auf:

»Aber mir war doch ...«

»Was?«

»Als ob jemand im Haus umginge.«

Er lächelte. Bestimmt, diesmal hatte sie ihn lächeln sehen, und er sagte:

»Jetzt laß mich in Frieden, seit einer halben Stunde entnervst du mich.«

Sie erbebte.

»Ich? ... Das ist ja wohl stark. Ich bin eben erst aufgewacht. Also hast du nichts gehört?«

»Doch.«

»Ach! auf einmal hast du was gehört! Und was?«

»Jemand hat... gehustet!«

Sie fuhr in die Höhe und schrie außer sich:

»Jemand hat gehustet! Wo denn? Wer hat denn gehustet? Ja, bist du verrückt? Antwortest du endlich?«

Langsam wurde er ungeduldig.

»Hör mal, bist du bald fertig? Du weißt genau, daß du es warst.«

Entrüstet kreischte sie los: »Ich? - Ich? - Ich? - Ich hätte gehustet? Ich? Ich hätte gehustet! Ah, Sie beschimpfen mich, Sie beleidigen mich, Sie verachten mich! Na gut, leben Sie wohl! Ich bleibe doch nicht bei einem Mann, der mich so behandelt.«

Und sie machte energische Anstalt, das Bett zu verlassen. Mit gequälter Stimme, um jeden Preis friedevoll, sagte er:

»Na komm, bleib ruhig. Ich habe gehustet.«

Aber sie schoß vor neuem Zorn in die Höhe.

»Was? Sie haben ... in meinem Bett gehustet! ... Neben mir... während ich schlief? Und das geben Sie auch noch zu. Oh, Sie sind abscheulich. Und Sie glauben, ich bleibe bei einem Mann, der ... neben mir hustet... Ja, wofür halten Sie mich eigentlich?«

Und sie stand vollends im Bette auf und wollte über ihn hinwegsteigen.

Er faßte sie seelenruhig bei den Füßen und zog sie längelang neben sich, und er lachte spottlustig und vergnügt:

»Komm, Rose, nun gib endlich Ruhe. Du hast gehustet. Denn du warst es doch. Ich sage ja nichts, ich bin nicht böse; ich bin sogar froh. Aber nun leg dich wieder hin, verflixt.«

Diesmal entwischte sie ihm mit einem Satz und sprang ins Zimmer; und sie suchte wie wildgeworden ihre Kleider und redete immerzu: »Und Sie glauben, ich werde bei einem Mann bleiben, der einer Frau erlaubt... in ihrem Bett zu husten! Nein, Sie sind abscheulich, mein Lieber.«  - (nov)

Husten (2) Sie kam ins Zimmer, und er sah ihr an, daß sie mit Don gesprochen hatte. In ihrem Gesicht las er Überraschung, Triumph und Entsetzen. Dann, als er auf sie zuging, wich sie einen Schritt zurück. Er lächelte. Sie war zum Ausgehen angezogen, vermutlich um Don in der Lord-Chesterfield-Bar zu treffen.

»Ich habe gerade mit Don gesprochen«, sagte sie überflüssigerweise.

»Ach, du hast gerade mit Don gesprochen! Ich möchte wissen, was du ohne Telefon machen würdest!« Er schritt an ihr vorbei in ihr Zimmer, wickelte die Schnur ihres Apparates um sein Handgelenk und riß sie aus der Steckdose in der Wand. »So, jetzt sieh zu, wie du zurechtkommst!« Dann ging er durchs Wohnzimmer in die Diele und riß dort gleichfalls die Schnur heraus, so heftig, daß die ganze Dose aus der Wand fiel.

Melinda stand am Plattenspieler und preßte sich in einer übertriebenen Haltung des Entsetzens dagegen. Wenigstens kam es Vic so vor. Ihr Mund stand offen; die Winkel bogen sich abwärts wie bei einer griechischen Maske. Medea. Kinder ins Verderben stürzen und Ehemänner kastrieren . . . Jetzt hat dich das Schicksal ereilt. Fast lächelte er. Was machte er da eigentlich? Er trat auf sie zu.

»Vic!«

»Was ist denn, Liebling?«

»Don kommt!« keuchte sie. »Tu mir nichts, Vic!«

Er schlug zu und traf sie am Kopf. »Don kommt also, aha. Und wer noch? Wer sonst noch? Cameron? Und Charley? Und alle anderen vielleicht auch?« Er schlug abermals zu.

Sie tastete nach der großen Vase auf dem Plattenspieler.

Die Vase fiel herunter. Vic schlug sie zum drittenmal; sie stürzte zu Boden und kauerte auf Händen und Füßen.

»Vic! - Hilfe

Immer dieses Geschrei nach anderen Leuten! Seine Hände schlössen sich um ihren Hals, und er schüttelte sie. Das fassungslose Entsetzen in ihren Augen bewirkte nur, daß seine Hände noch kräftiger zudrückten. Dann ließ er sie plötzlich los. »Steh auf«, sagte er. Er wollte sie ja schließlich nicht umbringen. Sie hustete.   - Patricia Highsmith, Tiefe Wasser. Zürich 1976 (zuerst 1957)

Husten (3)  «Was habense denn vor, Chef?» flüsterte er entsetzt.

«Warte nur, wirst schon sehen. Erst schlag ich den Bastard zusammen...» Rasend vor Wut begann er herumzufuchteln, zu demonstrieren, wie er den Bastard zusammenschlagen würde. «Dann tret ich ihm die Zähne in den Hals; und die Augen bohr ich ihm aus den Höhlen...»

Fat Sam beobachtete fasziniert und entsetzt die Vorführung des Verrückten.

«... tret ich ihm in den Magen, daß er kotzt wie 'n Reiher...» Der Detektiv stieß die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, ohne seinen grotesken Tanz zu unterbrechen. Ein wenig Speichel lief aus seinen Mundwinkeln.

Fat Sam hatte noch nie einen Weißen so völlig durchdrehen sehen. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, daß nur der Gedanke ‹Nigger› ausreichen konnte, um manche Weiße überschnappen zu lassen. Er hätte es nie für möglich gehalten; er glaubte nicht daran. Jetzt sah er, wie weit Rassenhaß einen Menschen treiben kann. Er sah den Teufel vor sich, an den er auch nie geglaubt hatte.

«Dann schieß ich den Hund in den Bauch», keuchte der Detektiv. «So lange, bis die Därme raushängen.»

Plötzlich war da ein Geräusch - es klang wie das Husten eines kalten Motors. Es wiederholte sich noch zweimal.

Fat Sam riß in äußerstem Erstaunen die Augen auf. «Sie... Sie haben ja geschossen!» murmelte er ungläubig. Die Hähnchen fielen ihm aus den kraftlosen Fingern, eines nach dem anderen.

Der Detektiv starrte fassungslos auf die Waffe in seiner Hand. Aus der Mündung kräuselte sich Rauch. In dem kleinen Raum roch es intensiv nach Kordit.

«Jesus Christus!» flüsterte der Detektiv heiser.

Fat Sam wollte sich am Griff eines Tabletts festhalten. Er fühlte, wie das Leben aus seinem Leib strömte.

«O Gott im Himmel!» ächzte er.

Er fiel nach vorn und riß das oberste Tablett des Stapels mit sich. Dicke, kalte, drei Tage alte Geflügelsauce lief ihm über das kurzgeschnittene Kraushaar.

«Hab Erbarmen, Jesus», stöhnte er vernehmlich. «Rufen Sie 'n Krankenwagen, Boss. Sie haben mich für nichts und wieder nichts übern Haufen geschossen...»

«Zu spät.» Die Stimme des Detektivs klang plötzlich stocknüchtern.

«Ist nich zu spät», flüsterte Sam matt. «Geben Sie mir doch 'ne Chance.«

«Es war ein Unfall», sagte der Detektiv. «Nur wird mir das keiner glauben.»

«Ich glaub's Ihnen», schwor der Dicke, doch seine Stimme hatte keine Kraft mehr.

Der Detektiv hob die Waffe mit dem Schalldämpfer noch einmal, zielte auf den mit Sauce beschmierten Kopf des Negers und drückte ab. Der Revolver hustete.

Sam zuckte zusammen und streckte sich.

Der Detektiv mußte sich übergeben. - Chester Himes, Lauf, Nigger, lauf. Reinbek bei Hamburg 1968 (zuerst 1966)

Husten (4)  DER MORALISCHE VIEHLOSOVIEH

Politik,  Presse und Religions-viehlosovieh sind nur ein übelriechendes naturwidriges Verlegenheitshusten für harmlose naive Mitmenschen.

Ick werd Dir wat husten.    - Friedrich Schröder Sonnenstern, Trostlied für Aus- und Angebombte. Hg. Gerhard Jaschke. Wien 1981

Geräusch Atmen
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Anhusten  Hustenmützchen
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Synonyme