undegeruch Kein
Zweifel und was es wirklich heißt, zweifellos zu sagen, wo ohne Zweifel, natürlich,
selbstverständlich, eigentlich, wirklich, gewiß nur gesagt wird, wenn Zweifel
an Gewißheit, Wirklichkeit, Selbstverständlichkeit, Natürlichkeit und dem, was
eigentlich ist, bestehen, die man zu faul ist auszuräumen oder die sich nicht
ausräumen lassen wollen, weil sie zu Recht bestehen, so wird also ohne Zweifel,
natürlich, selbstverständlich, eigentlich, wirklich, gewiß gesagt, um die Unsicherheit
der eigenen Stellung zu verbergen, was nur ein Beispiel für andere, ähnliche
Fälle ist, hat es am schwersten von allen Frauen im Hause Frau Hübscher. Es
war zunächst nicht zu erkennen. Am Tage, wenn ihr Mann, an dessen Amtszimmertür,
wie jeder weiß, ein Schild mit der Aufschrift hängt: «Hübscher Gerichtsvollzieher»,
außer Hause ist, sieht man Frau Hübscher ihren Hund aus
der dritten Etage herabtragen. Sähe man nicht den Hübscher'schen Hund von Zeit
zu Zeit, man wüßte doch, daß es ihn gibt. Das Haus ist voll von seinem Körpergeruch
und nachts dringt sein dunkles Bellen durch Decken und Fußböden und macht die
Unmutsäußerungen des zweifellos zu Recht mit seinem Leben unzufriedenen Hundes
deutlich wahrnehmbar. Schon an der Wahl des Wortes Körpergeruch sieht man, daß
es nicht Speisen noch verwertete Speisereste des Hundes sind, die den Weg über
den Podest vor den Türen des dritten Stockwerkes zu einer Zumutung für die Nasen
machen oder wenn man die Treppe heraufkommt und Frau Hübscher kommt mit ihm
die Treppe herauf, man überholt sie, sie drückt den Hund an die Wand und spricht
freundlich zu ihm dumme Worte, die ihre Verlegenheit verbergen sollen, oder
herab, sie nennt ihn ihr Baby oder behauptet, er habe dort drüben, wer weiß
wo, eine kleine Freundin, wenn man die Treppe herabgeht und Frau Hübscher geht
mit ihm die Treppe herab und behauptet, man habe die Sachen nicht gestohlen,
die man gerade bei sich trägt, er sei ein guter Hund, der immer stets glaube,
man habe bei Frauchen gestohlen, oder kommt mit ihm die Treppe herauf, während
ich entgegenkomme, aber das Schlimmste ist nicht einmal, daß man auch ein Pferd
nicht auf dem Dachboden unterställt und auch nicht der Körpergeruch des Tieres,
der bei offenen Fenstern bis an meinen Arbeitstisch dringt, sondern das Hüftleiden
des Hundes, die Art wie er natürlich über die Straße geht, daß man meinen muß,
er werde sich kürzlich einen Knoten ins Hintergefüß schlingern, diese Art von
Verlangsamungen und jähen Accelerationen, die alles wieder nachzuholen scheinen,
was die Phase der Verlangsamung verschenkt hat, mag für die uneigenwillige Bewegung
aufs Rad Geflochtener typisch gewesen sein, wie dieser Hund, soll man's Gehen
nennen, wenn er über das große Trümmerfeld kommt, das unserem Balkon fast genau
gegenüber Hegt, oder sich über die Bismarckstraße in Richtung Oper entfernt,
das sehe ich von meinem Fenster aus am Arbeitstisch auf Anstand sitzend mit
Blick auf Krumme Straße und Deutsche Oper, da ist mir auch dieser Hund Waidwerk
doch ohne Flinte und Armbrust, denn er hat laut Tierschutzverordnung immer Schonzeit
und Euthanasie ist nur für Menschen systembedingt entschuldbar, indes, Frau
Hübscher versichert uns, ihr Tier sei noch jung und werde folglich noch viele
Jahre sommertags ihren Balkon bevölkern, den es hinreichend ausfüllt, um sich
nicht drehen und wenden zu können und wintertags die Hübscher'sche Diele, wo
die betrunken heimkehrenden Hübscher'schen Aftermieter wahlweise über den jagdtrophäenfellähnlich
über den ganzen Dielenraum ausgebreiteten Hund stolpern und von ihm mittels
schwarz ausgefranst ekelerregender Hundeschnauze gebissen werden, was jeweils
zu leichten Mietsnachlässen führt, man sieht schon, ich liebe den Hund nicht
halb so sehr wie sein Frauchen, das seinerseits freilich schon allein seines
Hundegeruches wegen überaus abstoßend ist und auch oft genug an warmen Tagen
mit dem seitwärts gelagerten die Beine weit von sich streckenden Hund, das Krüppelchen,
auf dem gegenüberliegenden Trümmerfeldwiesenrasen in enger Umarmung befindlich
gesehen worden ist, wobei sie in das vierbeinige Gewirr der ausgestreckten Hundeläufe
förmlich hineinkroch und sich auch ihr Rock dermaßen hochschob, daß sie nur
deshalb von allen Verdachtsmomenten freiblieben, weil sie es ja schließlich
genausogut bei sich daheim treiben können, aber, das alles ist ohne Zweifel
nicht ausreichend Beweis für die Behauptung, ohne Zweifel und was es wirklich
heißt, zweifellos zu sagen, hat es arn schwersten von allen Frauen im Hause
Frau Hübscher, was zunächst nicht zu erkennen war.
Sie trug den halb selbst gehenden Hund morgens, ich würde sagen, so gegen halb acht hinab wo er mit den Vorderfüßen offenbar normal gehend sofort mit den Hinterbeinen ein nun aber wirklich beängstigendes Geschlenkere begann und redete dem Hund, der stehenblieb, sobald er bemerkt hatte, so könnte es sein, in welche nun aber wirklich lebensgefährliche Situation seine Hinterläufe seine Hinterläufe gebracht hatten und wenn er stand, stand er, dann hätten ihn keine drei Doggen mehr von der Stelle gebracht, gut zu, so, wie ich meinen Söhnen gut zurede, wenn sie vor nun aber wirklich jedem Auto stehenbleiben, dann noch einmal so um die Mittagszeit und schließlich früh am Abend. Nun habe ich sie einige Male auch schon in der Zeit um Mitternacht auf der Treppe gesehen.
Doch traf ich sie letzte Nacht, als ich fast volltrunken gegen vier Uhr heimkehrte,
einem Sysiphus gleich und trug einen gewaltigen Doggenhund zur Hälfte mit Liebe
und verlegenen Worten, die, wie ich weiß, für die Öffentlichkeit bestimmt sind,
denn in ihrer Wohnung hört man sie oft ihrem Tier Vorwürfe darüber machen, daß
viele Hunde in seinem Alter schon laufen können und erfuhr auf Befragen, daß
dieser des Menschen bester Freund es zwar tagsüber sechs Stunden lang aushalte
und folglich nur dreimal Gassi, jedoch nachts alle vier Stunden, zwischen Mitternacht
und Morgendämmerung mithin noch einmal, so, also, daß, kein Zweifel hat es am
schwersten von allen Frauen im Hause Frau Hübscher und so verhält es sich ganz
allgemein mit der Tierliebe, die hier ein weitverbreitetes
Übel ist auf dem Bärenauge. - (baer)
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