umorlosigkeit Ich haßte alles, was meine trostlosen Zwiegespräche mit Gilettens Andenken störte. Die Freude anderer Menschen beleidigte mich. Das Lachen eines Passanten genügte, um mich wütend zu machen. Der Karneval, der in den Straßen festlich tobte, steigerte meinen Zorn zum Paroxysmus.
Während dieses Tohuwabohu Paris erfüllte, verdichtete ich meine Fenster mit Teppichen und Matratzen. Verlorene Müh. Der Spektakel des Festestaumels drang durch, nur gedämpft, und erreichte mich auch durch die anstoßenden Zimmer. Gesänge, Freudengejohle, immer wiederkehrende Gassenhauer schössen wie Raketen herein, und an dem Lärm der Musikbanden und dem verworrenen Geschrei merkte ich zuweilen, daß unten ein Zug vorbeizog.
Ich hielt es nicht mehr aus und entschloß mich, in einem ruhigen Viertel Frieden und Stille zu suchen.
Über die ganze Breite des Boulevards quirlte die dünngesäte Menge durcheinander.
Die volkstümliche Heiterkeit tobte sich in Konfettischlachten aus. Man warf
sie händevoll mit großer Energie in die offenen Rachen, aber sie erstickten
nur Unflätigkeiten oder viehisches Gebrüll. Denn der Janhagel drückt sich in
den Lauten einer Viehherde aus: er blökt und brüllt vor Vergnügen. Pritschen
und Peitschen aus Papier mit lautklatschenden Streifen bedrohten heiße, jäh
bestürzte Gesichter. Die Lassos der bunten Schlangen wanden sich um überraschte
Nacken und verbanden für Sekunden ein paar Leute aus der Menge zu Gruppen. Einige
Masken in armseligen Kostümen stolzierten vorbei oder trieben ihre albernen
Eulenspiegeleien. Oh! Ihr Haufen von Dummköpfen! Ihr Haufen von Böcken! Idioten,
die ihr geil und zuchtlos genug seid, um euch in diesem Tal der Tränen zu »amüsieren«!
-Die Freude! - O Elend! »die Freude!« Was für ein grauenvoller Wahnsinn! - Maurice Renard, Das Stelldichein.
In: Das unsichtbare Auge. Eine Sammlung von Phantomen und anderen unheimlichen
Erscheinungen. Hg. Kalju Kirde. Frankfurt am Main 1979 (st 477, zuerst 1862)
Humorlosigkeit (2)
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