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blindes Der Neuplatoniker P r o k l o s ist ein seichter, breiter,
fader Schwätzer. Sein Kommentar zu Plato's Alkibiades,
einem der schlechtesten Platonischen Dialogen, der auch unächt seyn mag, ist
das breiteste, weitschweifigste Gewäsche von der Welt. Da wird über jedes, auch
das unbedeutendeste Wort Plato's endlos geschwatzt und ein tiefer Sinn darin
gesucht. Das von Plato mythisch und allegorisch Gesagte wird im eigentlichen
Sinne und streng dogmatisch genommen, und Alles in's Abergläubische und Theosophische
verdreht. Dennoch ist nicht zu leugnen, daß in der ersten Hälfte jenes Kommentars
einige sehr gute Gedanken anzutreffen sind, die aber wohl mehr der Schule, als
dem Proklos, angehören mögen. Ein höchst gewichtiger Satz
sogar ist es, der den fasciculum primum partis primae [erste Abteilung des ersten
Teils] beschließt: (animorum appetitus [ante hanc vitam concepti] plurimam vim
habent in vitas eligendas, nec extrinsecus fictis similes sumus, sed nostra
sponte facimus electiones, secundum quas deinde vitas transigimus). [Die Begehrungen
der Seelen (vor ihrer Geburt) tragen für die Gestaltung der Lebensläufe das
Meiste bei, und wir sehen nicht aus, als wären wir von außen her geformt worden,
sondern aus uns selbst heraus treffen wir die Wahlentscheidungen, nach denen
wir leben] Das hat freilich seine Wurzel im Plato,
kommt aber auch nahe an Kants Lehre vom intelligibeln
Charakter und steht gar hoch über den platten und bornirten Lehren von der Freiheit
des individuellen Willens, der jedesmal so und auch anders kann, mit welchen
unsere Philosophieprofessoren, stets den Katechismus vor Augen habend, sich
bis auf den heutigen Tag schleppen. Augustinus
und Luther ihrerseits hatten sich mit der Gnadenwahl
geholfen. Das war gut für jene gottergebenen Zeiten, da man noch bereit war,
wenn es Gott gefiele, in Gottes Namen zum Teufel zu fahren: aber in unserer
Zeit ist nur bei der Aseität [absoluten Selbständigkeit] des Willens Schutz
zu finden, und muß erkannt werden, daß, wie Proklos es hat, wir nicht so aussehen,
"als seien wir von außen her geformt worden". -
(
schop
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