ündin   In der Pariser Bannmeile lebte eine reiche Bürgerfamilie. Sie bewohnte ein Landhaus in einem Park am Ufer der Seine. Ihr Kutscher war ebendieser François, ein Bursche vom Land, ein bißchen schwerfällig, gutmütig, einfältig, leicht hereinzulegen. Als er eines Abends zu seiner Herrschaft heimkehrte, lief ihm ein Hund hinterher. Zuerst gab er nicht auf ihn acht; aber das Tier trottete so hartnäckig in seinen Fußtapfen, daß er sich bald nach ihm umwandte. Er schaute, ob er den Hund kannte. - Nein, er hatte ihn noch nie gesehen.

Es war eine Hündin, abstoßend mager, mit lang niederhängenden Zitzen. Sie trippelte hinter dem Mann mit kläglicher, ausgehungerter Miene einher, den Schwanz zwischen den Hinterläufen, die Ohren an den Kopf gelegt, und hielt jeweils inne, wenn er stehenblieb, lief weiter, wenn er weiterlief.

Er wollte das Gerippe verscheuchen und schrie: »Hau ab. Mach, daß du wegkommst! - Hu! Hu!« Die Hündin wich ein paar Schritte zurück, setzte sich aufs Hinterteil, wartete, doch sowie der Kutscher weiterging, trabte sie wieder hinter ihm her.

Er tat, als ob er Steine aufsammle. Das Tier verzog sich ein wenig weiter mit den mächtig schaukelnden, schlappen Zitzen; aber sobald der Mann den Rücken gekehrt hatte, lief sie ihm augenblicklich wieder nach.

Da faßte den Kutscher François das Mitleid, und er rief die Hündin. Scheu näherte sie sich, den Nacken zum Bogen und sämtliche Rippen unterm Fell gewölbt. Der Mann streichelte die hervorspringenden Knochen, und angerührt von der kreatür-lichen Not, sagte er: »Na los, komm mit!« Sogleich wedelte sie mit dem Schweif, da sie sich angenommen, beheimatet fühlte, und anstatt ihrem neuen Herrn an den Hacken zu kleben, schwänzelte sie ihm nun vorauf.

Er brachte sie im Stroh in seinem Pferdestall unter; dann lief er in die Küche, Brot zu holen. Als sie sich den Bauch vollgeschlagen hatte, schlief sie zusammengerollt ein.

Die Herrschaft, von ihrem Kutscher anderntags in Kenntnis gesetzt, gewährte ihm, daß er das Tier behalte. Sie war ein gutes Tier, anschmiegsam und treu, gescheit und sanftmütig.

Doch bald stellte sich ihre verhängnisvolle Schattenseite heraus. Sie entbrannte von Anfang bis Ende des Jahres in Liebe. Binnen kurzer Frist hatte sie mit allen Hunden der Umgegend Bekanntschaft geschlossen, die Tag und Nacht um sie herumzustreichen begannen. Sie teilte ihre Gunst mit dem Gleichmut einer Hure unter sie aus, schien mit allen aufs beste zu stehen, schleifte eine wahre Meute unterschiedlichster Muster der bellenden Rasse hinter sich her, faustrund die einen, die andern groß wie Esel. Sie spazierte endlose Runden mit ihnen durch die Gassen, und wenn sie haltmachte, sich im Gras auszuruhen, bildeten die andern einen Kreis um sie und beäugten sie mit lechzender Zunge.

Die Leute im Ort sahen sie für ein Wundertier an; nie hatte man dergleichen gesehen. Der Tierdoktor konnte es nicht fassen.

War sie abends in ihren Pferdestall heimgekehrt, belagerte der Hundehaufen das Besitztum. Sie stahlen sich durch sämtliche Lücken der Hecke ein, die den Park umfriedete, verwüsteten die Beete, rissen die Blumen aus, wühlten Löcher in die Blumenrondelle, trieben den Gärtner zur Verzweiflung. Und ganze Nächte heulten sie um den Bau, darin ihre Freundin wohnte, ohne daß irgend etwas vermocht hätte, sie zum Verschwinden zu bewegen.

Tags drangen sie bis in das Wohnhaus vor. Es war eine Invasion, eine Plage, eine Katastrophe. Aller Augenblicke trafen die Herrschaften auf der Treppe, ja bis in die Zimmer hinein auf kleine gelbe Möpse mit buschigem Schweif, Jagdhunde, Bulldoggen, streunende Wolfshunde mit dreckigem Fell, Vagabunden ohne Haus und Hof, riesige Neufundländer, vor denen die Kinder Reißaus nahmen.

Man sah im Ort jetzt Hunde, die zehn Meilen im Umkreis niemand kannte, die wer weiß woher gekommen waren, wer weiß wovon lebten und dann spurlos verschwanden.

Trotzdem liebte François seine Cocotte inniglich. Er hatte sie ohne Hintergedanken so getauft, wiewohl sie ihren Namen rechtfertigte; und immer aufs neue sagte er: »Das Tier, das ist wie ein Mensch. Dem fehlt bloß die Sprache.«

Er hatte ihr ein prächtiges Halsband aus rotem Leder anfertigen lassen, das auf einem Kupferschild die Worte eingraviert trug: »Mademoiselle Cocotte, dem Kutscher François zu eigen.«

Ein Koloß war sie geworden. So dürr sie gewesen, so fett war sie nun; und immer baumelten unter ihrem geschwellten Bauch die langen wabbelnden Zitzen. Sie war in kurzer Frist aus dem Leim gegangen und bewegte sich nur mehr mit Not, die Pfoten breit gespreizt wie gar zu dicke Menschen, das Maul zum Schnaufen geöffnet und immer rasch erschöpft, wenn sie zu rennen versuchte.

Obendrein erwies sie sich ohne Ende fruchtbar; gleich wieder trächtig, kaum daß sie geworfen hatte, schenkte sie viermal im Jahr einem Kranz kleiner Tierlein das Leben, die allen Arten und Abarten des Hundegeschlechts entstammten. Jeweils wählte François eines heraus, das er ihr ließ, um »ihre Milch abzuziehen«, sammelte die übrigen in seine Stallschürze und ging sie ungerührt im Fluß ersäufen. - (nov)

Hündin (2) Diese Dinge nahmen die eine Hälfte des Bungalows ein, die andere war für Strickland - und Tietjens reserviert, eine riesige Hündin aus Rampur, die täglich die Ration von zwei Männern verschlang. Sie sprach mit Strickland ihre eigene Sprache, und wenn sie draußen beim Umherstreifen etwas bemerkte, was nach ihrer Ansicht den Frieden Ihrer Majestät, der Kaiserin und Königin, hätte stören können, so kehrte sie zu ihrem Gebieter zurück, um Bericht zu erstatten; Strickland verfügte sodann auf der Stelle die erforderlichen Geldstrafen oder Gefängnis für die betrübten Schuldigen. Die Eingeborenen hielten infolgedessen Tietjens für eine Art dienstbaren Hausgeist und bezeigten ihr jene Art Hochachtung, die sich aus Haß und Furcht zusammensetzt.

Ein Zimmer im Bungalow war eigens für sie bestimmt, und außerdem nannte sie eine Bettstatt, eine wollene Decke und einen Trinktrog ihr eigen. Wenn jemand des Nachts Stricklands Gemächer betrat, liebte sie es, den Eindringling zu Boden zu werfen und so lange zu heulen, bis Licht gebracht wurde.

Strickland dankte ihr sein Leben; als er sich einmal in den Grenzgebieten aufgehalten hatte, schlich ein Mörder, den er dingfest machen wollte, in der Dämmerung in sein Zelt, ein Messer zwischen den Zähnen, um ihn in ein Land zu befördern, das noch jenseits der Andamaneninseln liegt; aber Tietjens packte den Kerl und verhalf ihm dadurch zu einem streng gesetzmäßigen Ende am Galgen. Seitdem trägt sie ein dickes silbernes Halsband und hat ein Monogramm auf ihrer Bettdecke. Diese Decke ist aus doppeltem Kaschmirstoff, denn Tietjens hält viel auf dergleichen. - Rudyard Kipling, Imrays Rückkehr, nach (ki)

Hündin (3) Eine stinkende Hündin, reichliche Kindergebärerin, stellenweise schon faulend, die aber in meiner Kindheit mir alles war, die in Treue unaufhörlich mir folgt, die ich zu schlagen mich nicht überwinden kann, vor der ich schrittweise rückwärts weiche und die mich doch, wenn ich mich nicht anders entscheide, in den schon sichtbaren Mauerwinkel drängen wird, um dort auf mir und mit mir gänzlich zu verwesen, bis zum Ende - ehrt es mich? -, das Eiter- und Wurmfleisch ihrer Zunge an meiner Hand.  - (hochz)
 
Hund
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