ühnereingeweide  Ein Besuch in Margaret Andersens und Jane Heaps Wohnung - mit ihrem großen Bett, das an vier Ketten von der Decke hing - war ein besonderes Erlebnis:Jane Heap sah aus wie ein gedrungener Eskimo, während Margaret, stets mehr als nur ein wenig überheblich, eine ausgesprochene Schönheit der stattlichen Art darstellte. In späteren Jahren war sie mit Mary Garden und Georgette Le Blanc befreundet.

In ihrer Wohnung erblickte ich auch zum erstenmal - unter einer Glasglocke - eine Plastik, die aussah wie eine aus Wachs geformte Nachbildung von Hühnereingeweiden. Ich sah mir das aufmerksam an und erfuhr, daß es das Werk einer adligen Deutschen war; sie hieß Elsa von Freytag Loringhoven, eine Fabelgestalt, weit über fünfzig, gefördert von der Little Review. Man fragte mich, ob ich sie kennenlernen wolle; sie sei ganz verrückt nach meinen Gedichten.

Fatalerweise schrieb ich an Margaret oder Jane, ja, ich wolle die Frau kennenlernen. Sie waren sich einig, daß ich genau der Richtige sei, für sie einzutreten. Nur sitze sie leider gerade in New York im Gefängnis, weil sie einen Schirm gestohlen habe.

Um's kurz zu machen: am Tag ihrer Entlassung holte ich sie am Gefängnis ab, ging irgendwo an der Sixth Avenue in der Nähe der 8. Straße mit ihr frühstücken und versprach, mich bald wieder mit ihr zu treffen. Sie war damals um die fünfzig, eine Frau, die früher einmal schön gewesen sein mochte. Sie sprach mit starkem deutschem Akzent und schlug sich damals für einen Hungerlohn als Aktmodell diverser New Yorker Künstler durch. Mit ihrer schlanken, maskulinen Figur war sie ziemlich gefragt.

Ja. Ich habe sie kennengelernt, und wie! Später gab sie mir einmal in einem vertraulichen Gespräch den Rat, wenn ich berühmt werden wolle, sollte ich mich bei ihr mit Syphilis anstecken und so meinen Geist für die große Kunst befreien.

Marcel Duchamp hatte sich ihrer angenommen. Sie schickte mir ein Photo von sich, 20 mal 25, ein schönes Aktporträt, das angeblich er selbst angefertigt hatte - das Bild hat jahrelang in meiner Truhe gelegen, bis ich es schließlich an Berenice Abbott weitergegeben habe. Ich konnte den Anblick nicht mehr ertragen. Dennoch war es eine erstklassige photographische Arbeit.

Die Baronin verfolgte mich über mehrere Jahre.  - (wcwa)