ouellebecq
Der Autor, der in dem Augenblick festgehalten worden ist,
da er eine vorzunehmende Korrektur auf einer der vor ihm auf dem Arbeitstisch
ausgebreiteten Seiten entdeckt hat, scheint sich geradezu in Trance
zu befinden, er wirkt wie von unbändiger Wut besessen,
die so mancher ohne zu zögern als dämonisch bezeichnet hat. Seine Hand mit dem
Korrekturstift, die aufgrund der Bewegung mit einer leichten Unschärfe dargestellt
ist, stürzt sich »mit der Geschwindigkeit einer Kobra, die hervorschnellt, um
ihre Beute zu erhäschen« auf das Blatt, wie Wong Fu Xin das auf bildhafte Weise
ausdrückt, wobei er hier vermutlich das Klischee der Überschwänglichkeit der
Metaphern ironisch überhöht, die Autoren aus dem Fernen Osten traditionellerweise
zugeschrieben wird (Wong Fu Xin verstand sich vor allem als Dichter, aber seine
Gedichte werden heute kaum noch gelesen und sind nicht einmal mehr ohne Weiteres
erhältlich, während seine Essays über das Werk von Jed Martin von den Kunsthistorikern
als grundlegend angesehen werden. Die Lichtverteilung, sehr viel kontrastreicher
als in Martins früheren Gemälden, lässt den Körper des Schriftstellers weitgehend
im Schatten und konzentriert sich nur auf den oberen Teil des Gesichts und auf
die Hände mit den langen, mageren gekrümmten Fingern, die an die Fänge
eines Raubvogels erinnern. Der Gesichtsausdruck wirkte zur damaligen Zeit so
seltsam, dass er, wie die Kritiker in jenen Tagen schrieben, keiner existierenden
Maltradition zugeordnet werden könne; man müsse ihn schon eher mit einschlägigen
Fotos aus ethnographischen Archiven in Verbindung bringen, die bei einer Voodoozeremonie
aufgenommen worden sind.
- Michel Houellebecq, Karte und Gebiet. Köln
2011
|
||
|
|
|