otelier Neil
Conyers, alias »der Baron«, war 1883 in Philadelphia
auf dem Whiskey Hill geboren. 1894, im Alter von elf Jahren, wurde er von der
Washingtoner Polizei aufgegriffen. Er war dorthin ausgekniffen, um Coxeys Armee
beizutreten. Sie schickten ihn nach Hause. Vier Jahre später wurde er in seiner
Heimatstadt verhaftet, weil er beim Wahlnacht-Freudenfeuer einen anderen Jungen
im Streit mit dem Messer bearbeitete. Diesmal wurde er freigelassen und der
Obhut seiner Eltern übergeben. 1901 verhaftete ihn die Philadelphia-Polizei
abermals, unter der Anschuldigung, Haupt der ersten organisierten Bande von
Autodieben zu sein. Wegen Mangels an Beweisen kam es zu keinem Prozeß, aber
bei dem nachfolgenden Skandal verlor der Distriktanwalt seinen Posten. Im Jahre
1908 tauchte Conyers an der Pazifikküste auf — in Seattle, Portland, San Franzisko,
Los Angeles —, in Gesellschaft eines Gangsters, der
als »Duster« Hughes bekannt war. Hughes wurde im folgenden Jahr erschossen,
von einem Mann, den er mit einem Schwindelprojekt ruiniert hatte. Conyers wurde
im Zusammenhang mit demselben Projekt verhaftet. Bei zwei Prozessen konnten
sich die Geschworenen nicht einigen, und er wurde freigelassen. 1910 wurde er
bei der berühmten Razzia der Post auf die Organisatoren von »Wie werde ich reich?«-Briefkursen
geschnappt. Wieder reichte das Belastungsmaterial gegen
ihn nicht aus. Aber 1915 kriegte ihn das Gesetz zum erstenmal unter. Er
wanderte wegen Betrugs nach San Quentin und saß dort drei Jahre ab. 1919 erleichterten
Conyers und ein Japs namens Hasegawa die japanische Kolonie in Seattle um zwanzigtausend
Dollar, wobei Conyers als Amerikaner posierte, der während des letzten Krieges
in der japanischen Armee eine Offiziersstelle innegehabt hatte. Er hatte eine
Imitation des Ordens der aufgehenden Sonne, den der Kaiser ihm angeblich angesteckt
hatte. Als der Schwindel platzte, ersetzte Hasegawas Familie die zwanzigtausend,
und Conyers kam ungeschoren und mit einem annehmbaren Profit davon. Die Sache
wurde vertuscht. Danach ging er zurück nach San Franzisko, kaufte des Hotel
Irvington, und dort lebte er nun seit fünf Jahren, allem Anschein nach als ehrbarer
Bürger. Im Moment hatte er irgend etwas vor, aber es war nicht herauszubekommen,
was. Einen Detektiv als Gast in sein Hotel einzuschmuggeln, war ein Ding der
Unmöglichkeit. Es war offenbar ständig voll besetzt. -
Dashiell Hammett, Rote Tür in Chinatown. Frankfurt am Main und Berlin 1969
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