Hodengröße   Je mehr sie sich, wie der Gorilla, eines sexuellen Monopols sicher sein können, um so kleiner sind ihre Hoden. Wenn sie in Gruppen mit vielen Männchen leben, sind die Hoden um so größer, je höher die Promiskuität ist. Es sah ganz so aus, als hätte Short damit zufällig einen anatomischen Hinweis gefunden, der das Paarungssystem einer Art erklärt: Große Hoden sind gleichbedeutend mit polygamen Weibchen. Ob man es verwenden könnte, um das Paarungssystem einer bisher nicht untersuchten Art vorherzusagen? Man weiß zum Beispiel nur sehr wenig über die Lebensgemeinschaften von Walen und Delphinen, wenngleich - aufgrund des Walfangs - über ihre Anatomie sehr viel bekannt ist. Selbst wenn man ihrer Größe Rechnung trägt, so sind die Hoden bei allen Walarten riesenhaft. Die Hoden eines ordentlichen Glattwals wiegen mehr als eine Tonne und machen zwei Prozent seines Körpergewichts aus. Dem Affenschema folgend ließe sich nunmehr mit gutem Grund vorhersagen, daß Wal- und Delphinweibchen in erster Linie nicht monogam leben, sondern sich mit mehreren Männchen paaren. Soweit man inzwischen weiß, ist dies der Fall. Das Paarungssystern des Großen Tümmlers scheint aus dem gewaltsamen Zusammentreiben fruchtbarer Weibchen durch wechselnde Koalitionen von Männchen zu bestehen, wobei ein Weibchen gelegentlich sogar von zwei Männchen gleichzeitig begattet wird - ein Fall von Spermienkonkurrenz, der alles in den Schatten stellt, was man aus der Schimpansenwelt kennt. Pottwale leben wie Gorillas in Harems: Ihre Hoden sind vergleichsweise klein. Ein Männchen ist alleiniger Besitzer des Harems, hier fehlt die Spermienkonkurrenz.

Lassen Sie uns diese Überlegungen nun auf den Menschen anwenden. Verglichen mit anderen Menschenaffenarten sind die Hoden des Mannes von mittlerer Größe - beträchtlich größer als die eines Gorillas. Ähnlich wie bei den Schimpansen befinden sich auch beim Menschen die Te-stikel in einem Skrotum außerhalb des Körpers, so daß bereits produzierte Spermien kühlgehalten werden und damit »lagerfähig« sind. All das ließe sich als Beweis dafür werten, daß auch beim Menschen Spermienkonkurrenz besteht.

Nun sind menschliche Hoden aber nicht annähernd so groß wie die von Schimpansen, und es gibt vage Hinweise darauf, daß sie nicht mit voller Kraft arbeiten (was heißt, daß sie bei unseren Urahnen möglicherweise größer gewesen sind): Die Spermienproduktion pro Gramm Lebendgewicht ist beim Mann relativ gering. Alles in allem läßt sich offenbar mit gutem Grund der Schluß ziehen, daß es beim Menschen -wie erwartet - kein übermäßig hohes Maß an Promiskuität gibt.   - Matt Ridley, Eros und Evolution. Die Naturgeschichte der Sexualität. München 1996

 

Hoden Größe

 

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