irzwurz
Die strenge Liebe hatte es soweit getrieben, und die klare
Herzogin, daß Gâwâns Lebensfreude
nun aufgezehrt war: Nur die Geliebte konnte ihn noch
retten. Die ganze heidnische Philosophie und alle,
die sich je hingesetzt haben zum Studium starker Magie,
Kancor und Thêbit etwa und Trebuchet, der Schmied, der Frimutels Schwert gravierte,
so daß es wunderhafte Dinge vermochte, dazu die ganze Kunst der Ärzte — wenn
alle die zusammen ihm auch noch so wohl gewollt hätten mit Essenzen aus dem
Mark der besten Kräuter, aber ohne eine Frau in seinem Schlafzimmer,
so hätte er doch seine scharfe Not bis an ein saures Sterben tragen müssen.
Ich mach euch die Geschichte kurz: Er fand die rechte Hirzwurz selber, die ihm
half, daß er genas und nichts Schlimmes mehr hatte: das Kraut wuchs rötlich
braun in weißem Feld. Gâwân fils du roi Lot, Bertûne von der Mutter
her, behandelte sein saures Leiden mit einem Mittel, das ihm wirklich half,
so daß ihm wohl wurde und süß, das wendete er fleißig bis zum Morgen an, damit
es desto besser helfe. Doch war die Kur, die ihm da half von solcher Art, daß
all die Leute auf der Burg davon nichts erfuhren. Später sorgte er dafür, daß
auch die Ritter alle und die Schar der Damen ihren Teil vom Glück bekamen, so
daß ihre Leiden so gut wie ganz verschwanden. - Wolfram von Eschenbach,
Parzival. Frankfurt am Main 1993 (zuerst ca. 1200, Übs. Peter Knecht. Die Andere
Bibliothek 100)