ipster Den jungen Hipstern fehlt es anscheinend an der nötigen Energie und Spontaneität, um das Leben genießen zu können. Sobald man Pot oder Junk erwähnt, werden sie ganz fickrig wie nach einer Ladung Coke. Sie führen einen Affentanz auf und schreien »Irre, Mann! Her mit dem Zeug! Los, wir pumpen uns voll!« Doch sobald sie den Schuß intus haben, liegen sie herum wie satte Säuglinge, die stumpfsinnig auf die nächste Flasche warten.
Ich stellte fest, daß ihre Interessen sehr begrenzt waren. Vor allem für
Sex schienen sie sich erheblich weniger zu interessieren
als meine Generation. Einige ließen sogar durchblicken, Sex sei für sie überhaupt
kein Kick. Ich machte oft den Fehler, einen jungen Mann
für schwul zu halten, weil er sich Frauen gegenüber völlig gleichgültig verhielt.
Hinterher stellte sich heraus, daß er überhaupt nicht homosexuell
war sondern sich einfach für gar keine Form von Sex interessierte.
- (
jun
)
Hipster (2) Jeder kennt ihn, jeder hasst ihn: den zeitgenössischen „Hipster“ mit seinem Vollbart, der engen Chinohose und den viel zu schicken Hosenträgern. Wie selbstzufrieden er sich mit seinem Jutebeutelchen im Hipster-Café räkelt, sich eine Latte nach der anderen reinpfeift, im Mundwinkel eine Selbstgedrehte, mit seinem arroganten Hipsterlächeln, dass jeder anständige Normalbürger sofort ausrufen möchte: „Wo ist ein Eimer? Ich muss kotzen!“ Genau so und nicht anders steht der Widerling uns vor Augen.
Aber nicht vor den Augen aller Europäer. In Polen zum Beispiel sieht der Hipster ein bisschen anders aus. In Polen trägt der „Hipsterysz“ stets einen Zwirbelbart, verschiedenfarbige Socken und unbedingt mintfarbene Kontaktlinsen, sonst geht er nicht aus dem Haus. Sein Bohnenkaffee ist nicht selbst gemahlen, sondern überhaupt nicht gemahlen. Die ganzen Kaffeebohnen schwimmen in der aufgeschäumten Milch herum, was den polnischen Normalo komplett wahnsinnig macht.
Auf der anderen Seite der Ostsee hingegen, droben in Finnland, hat der „Hipsterii“ wiederum seinen ganz eigenen Stil. Zwischen Helsinki und Näkkälä trägt er einen riesenhaften Schlapphut, Monokel und ein mit Glitzerpailletten verziertes Holzfällerhemd, um sich vom finnischen Holzfäller-Mainstream abzugrenzen, vor allem aber ein Fingerbart-Tattoo - für Uneingeweihte: einen Schnurrbart auf den Zeigefinger gemalt und quer über die Oberlippe gehalten, selbstverständlich in Form eines Hitler-Schnurris.
Heimischer Holzfabrikschlot
Der finnische Hipster darf das. In den Kaffeehäusern
baut er Figuren aus Popel und raucht wie ein heimischer Holzfabrikschlot, doch
nur Fremdgedrehte, was für Hipsteriis sehr zeitaufwändig ist, andauernd herumzuwieseln
und immer einen Blöden zu finden, den man anschnorren kann.
Hipster imaginiert man gemeinhin männlich, spannenderweise ist aber der dänische „Høpster“ weiblich! Der feminine Høpster hört Chansons per Walkman, trägt eine Hans-Christian-Andersen-Dauerwelle und Stoffbeutel mit trashig-ironischen Aufschriften wie zum Beispiel: „I love Germany“. Die Høpster blinzelt durch ihre selbstgebaute Nerd-Brille aus Legosteinen in Trendfarben, leider zerbricht Letztere alle naselang.
Im Niederländischen sagt man nicht Hipster, sondern „Ecoidiot“. Die Flamen, also Nord-Belgier, sagen jedoch lieber „Man met baard“. Idealtypisch lümmelt sich dieser Typus in kleinen, lokalen Szene-Cafés, die in Belgien „Starbucks“ heißen. Er trägt Süßkartoffelpommes in den Nasenlöchern und einen Jutebeutel mit der Aufschrift „Ik ben niet zooo trots op een Belgische“, was sich leicht mit „Ich bin nicht sooo sehr stolz, ein Belgier zu sein“ übersetzen lässt.
Der Clou: Über seinem Hemdkragen prangt eine Fliege aus echten, mit Heißklebepistole zusammengeklebten Stubenfliegen - Benelux-Trash pur! In gelben Reclam-Bändchen liest er die großen belgischen Dichter, obwohl es überhaupt keine großen belgischen Dichter gibt. Er bloggt über Chinohosen, oft bis spät in die Nacht, und träumt von einer urbanen Existenz in der Slowakei, dem Hipster-Eldorado schlechthin.
Heimische Radiergummispitzen
Denn in der Slowakei gibt es mehr Hipster als Normalbürger! Dort sitzen sie
sogar in den Parlamenten und Seniorenheimen, ja bereits in den Grundschulen.
Jeder Slowake will ein Hipster sein. „Hipsterskys“ palavern den ganzen Tag in
schönstem Retro-Tschechoslowakisch und nagen dabei an den Radiergummispitzen
ihrer unbehandelten Bleistifte, was die heimische Kautschuk-Produktion enorm
ankurbelt.
Im Gegensatz dazu ist nirgendwo der Hipsterhass größer als in Österreich. Vermutlich, weil es dort überhaupt keine Hipster gibt. Auch weiter südlich, in Albanien, ist der „Hipstërafshim“ eine zentrale Hassfigur, vor allem in den rund 850 selbstkopierten Karikaturen-Fanzines, die übrigens auch von den albanischen Hipstern gern gelesen werden, Stichwort Selbstironie.
Die Erkennungszeichen albanischer Hipster: Verbeulte Zylinder, riesige Retro-Kopfhörer aus Salzteig und lässige Schnurrbärte aus Nacktschnecken, von denen es im regenreichen albanischen Hochland noch mehr als Hipster gibt.
In ihrer Freizeit baggern Hipstërafshims am liebsten an irgendeiner Latte-macchiato-Mutter
herum, die auf albanisch „Nënë frappuccino“ heißt. Oder sie sehen herab auf
die Normalbürger, die „Idiotës Normalistës“. Welche wiederum am liebsten Holzfällerhemden
und Vollbärte tragen und in ihrer Freizeit Popel futtern - darin übertrumpft
einzig und allein nur noch von den österreichischen Normalbürgern, die sich
aus Popeln Hitler-Schnurris kneten - ach, gepriesen sei die europäische Vielfalt!
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taz-wahrheit
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