ippodrom   Als das von den Pferden gezogene Schiff in der Mitte des Hippodroms anhielt, trat aus dem langen Säulengang des Daphne-Palasts das Trüppchen der auserwählten Wachen, geführt von Joseph Bringas, der den goldenen Umhang der Großen Offizien trug. Gemessenen Schritts, wie es sich bei dieser feierlichen und friedlichen Gelegenheit geziemte, ging der Eunuch von seinen Männern gefolgt auf das Schiff zu, von wo aus Nikephoros noch immer die Menge grüßte, bevor er ins Hippodrom hinabstieg. Einige Feuerwerker schürten inzwischen auf Deck das Feuer unter dem Kessel des Siphons, während andere Bringas und seine Wachen im Auge behiel-ten, die sich mitten durch das Hippodrom bewegten. Als Bringas mit seiner Schar noch etwa zweihundert Fuß weit entfernt war, legte Nikephoros die Hände zusammen und hob sie gen Himmel; das war das Signal. In Sekundenschnelle wurde das Rohr auf den Punkt des Hippodroms gerichtet, wo der Eunuch sich gerade befand. Ein Feuerwerker entzündete die Lunte und eine brennende Kugel schoß mit Donnergetöse hervor. Bringas und seine Männer merkten, daß etwas Seltsames geschah, aber sie hatten keine Zeit mehr, sich zu retten. Das Trüppchen wurde bereits von der ersten Kugel in Brand gesteckt und gleich darauf noch von einer zweiten, die auf dem Boden zerbarst und den Flammenkreis erweiterte. Nach einem Augenblick der Stille erhob sich ein Entsetzensschrei aus der Menge. Dann folgte ein Moment der Panik und Verwirrung, und viele Menschen ergriffen die Flucht.

Auf dem sandigen Boden des Hippodroms, an dem Ort, wo Bringas mit seinem Trüppchen gewesen war, lagen verkohlte Leichen und armselige, von den Feuergeschossen zerfetzte Körper herum.

Ein paar weitere Soldaten wälzten sich noch am Boden, bei dem Versuch, sich von dem siedenden Pech zu befreien, das ihre Uniformen bereits verbrannt hatte und nun ihr Fleisch zerfraß. Bringas' Körper - noch erkennbar an den Fetzen des goldenen Umhangs - lag auf dem Boden und wand sich in den letzten Zuckungen des Todeskampfs. Der Rauch und der Geruch von verbranntem Fleisch schien die Menge zu erregen.  - Luigi Malerba, Das Griechische Feuer. Berlin 1991