immel,
anderer
Es genügte, in den Strudel des städtischen Verkehrs zu tauchen, sich von
seinen Lieblingsstraßen leiten zu lassen — und mein Spaziergang endete beinah
regelmäßig in dem Viertel der Galerien, vielleicht weil diese Galerien und Passagen
seit jeher mein geheimes Vaterland gewesen sind. Zum Beispiel die Güemes-Passage,
eine zweideutige Gegend, in die ich mich vor sehr langer Zeit einmal begeben
hatte, um meine Kindheit wie einen gebrauchten Anzug abzulegen. Die Güemes-Passage
war um das Jahr 28 eine Schatzhöhle, in der sich auf köstliche Art die Ahnung
von Sünde mit Pfefferminzpastillen vermengte; wo die Ausgaben der Abendzeitungen
mit Verbrechen auf jeder Seite laut ausgerufen wurden und wo die Lichter im
Saal im Erdgeschoß brannten, in welchem die unerreichbaren realistischen Filme
gezeigt wurden. Die Josianen aus jenen Tagen betrachteten mich wahrscheinlich
mit einem halb mütterlichen, halb belustigten Ausdruck, indes ich, ein paar
armselige Münzen in der Tasche, wie ein Mann mit rundem Hut auftrat, die Krempe
ins Gesicht gezogen, die Hände in den Taschen, eine Commander rauchend, aus
dem einen Grund, weil mein Stiefvater mir prophezeit hatte, ich würde infolge
des gelben Tabaks blind werden. Ich erinnere mich vor allem an Gerüche und Klänge.
Es lag darin etwas wie Erwartung und Sehnsucht. An den Kiosk, wo man die Zeitschriften
mit nackten Frauen kaufen konnte und mit Annoncen angeblicher Maniküren. Schon
damals war ich für diesen falschen Himmel aus Stuck und schmutzigem Oberlicht
empfänglich, für diese künstliche Nacht, die nichts wußte von der Dummheit des
Tages und der Sonne da draußen. Mit falscher Gleichgültigkeit zeigte ich mich
an den Eingängen der Passagen, wo das letzte Mysterium
begann, die schwankenden Fahrstühle, die zu den Beratungsstellen für Geschlechtskrankheiten
fahren würden und wohl auch zu den vermeintlichen Paradiesen in oberster Höhe,
mit ihren Danien von unmoralischem Lebenswandel, wie sie in den 'Tageszeitungen
genannt wurden; mit den vorzugsweise grünen Getränken in geschliffenen Kelchgläsern;
den Morgenröcken aus Seide und den violetten Kimonos; und aus den einzelnen
Räumen käme der gleiche Duft wie unten aus den Läden, die ich für elegant hielt
und die ins Halbdunkel der Passagen einen unerreichbaren Basar ans Flakons und
Kristallbehältern, aus rosa Schwänen und dem Puder Marke Rachel und Bürsten
mit durchsichtigem Griff sprühten.
- Julio Cortázar, Südliche Autobahn. Frankfurt am Main 1998