erz, goldenes Aulne schlich im Trocknen an den Häuserwänden entlang, und alle paar Schritte sah er mit mißtrauischem Blick hinter sich. Er hatte gerade das goldene Herz von Vater Mimile gestohlen; natürlich hatte er sich dazu gezwungen gesehen, den guten Mann ein wenig auszuweiden, im Besonderen, ihm den Oberkörper mit Sensenhieben aufzuschlitzen, aber wenn es ein goldenes Herz zu erwischen gibt, darf man nicht zimperlich mit den Mitteln sein.
Als er dreihundert Meter zurückgelegt hatte, streifte er deutlich sichtbar seine Diebeskappe ab, warf sie in eine Kloake und ersetzte sie durch den weichen Hut eines Ehrenmannes. Seine Haltung straffte sich; nichtsdestotrotz störte ihn das goldene Herz von Vater Mimile, das noch ganz warm war, denn es schlug störend in seiner Tasche. Überdies hätte er es gerne mit mehr Ruhe betrachtet, denn es war ein Herz, dessen Anblick einem die Fähigkeit, anderen zu schaden, zurückgab.
Eine Kabellänge weiter, in einer Kloake, deren Ausmaße die der ersten noch
überstiegen, entledigte sich Aulne der Keule und der Sense. Die beiden Instrumente
waren mit verklebten Haaren und mit Blut bedeckt, und da Aulne alle Dinge sorgfältig
erledigte, waren sie ohne Zweifel sicher auch voller Fingerabdrücke. Er behielt
seine Kleider an, die mit schmierigem Blut verklebt waren, denn die Passanten
erwarten von einem Mörder ja schließlich nicht, daß er sich wie alle Welt kleidet,
und man muß den Kodex des Milieus respektieren. - Boris Vian, Der Voyeur. Berlin 1989
Herz,
goldenes
(2) Dieses Ammenmärchen, daß Huren Herzen
von Gold hätten, hab ich nie geglaubt, und wenn ein Mädchen schwache Nerven
hatte oder überreizt war - später nannte man das neurotisch -, warf ich es nicht
hinaus. Gerade solche Mädchen waren oft die besten Pferde im Stall. Eine Madame,
die mit Mädchen nicht umgehen kann, läßt besser die Finger vom Geschäft. Mit
den Mädchen steht und fällt ein Haus, sie brauchen eine feste Hand. Auf Lesbierinnen
mußte man vor allem achtgeben. Ich hatte zwar nichts dagegen, daß die Mädchen
sich befreundeten und einen kurzen Kitzlertrip absolvierten, aber wenn ich ein
Godemiché fand, griff ich energisch durch. - Nell Kimball, Madame
- Meine Mädchen, meine Häuser. Hg. Stephen Longstreet. Frankfurt am Main, Wien und
Berlin 1982 (entst. ca. 1917-1932)
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