erz, geduldiges HELENE kalt: Guten Tag, Herr Schwager.
TAUBENHERZ: Das ist halt wahr, wie man in das Haus hereinkommt, hört man von nichts, als von Ball, Lustbarkeit, Komödie -
HELENE: Diese Äußerungen -
TAUBENHERZ : Sollen Ihnen dann und wann ins Gedächtnis zurückrufen, daß das ganze unendlich schöne Vermögen von meinem seligen Herrn Brüdern, Ihrem in Gott entschlafenen Gemahl herstammt, der sehr unrecht getan hat, seines Bruders gar nicht zu gedenken, ein Unrecht, welches nur Sie gutmachen können, wenn Sie in Ihrer testamentarischen Verfügung meine arme Familie -
HELENE: Stellen Sie sich nicht arm, Herr Schwager, man weiß, daß Sie sich ein bedeutendes Kapital zusammengewuchert haben. Übrigens konnten Sie einige Hoffnung auf das meinige nur so lange nähren, als meine gegenwärtige Ehe kinderlos blieb. Da dies nun nicht mehr der Fall ist, versteht sich von selbst, daß mein Sohn mein einziger und alleiniger Erbe ist. Sie entschuldigen übrigens, wenn ich mich Ihnen empfehle, ich habe mit meiner Toilette für diesen Abend zu tun. Geht rechts ab.
TAUBENHERZ allein: Also das Kind, dieses Herzenssöhnerl, ist
das Hindernis? Wenn mir nur da mein Herz ein Mittel zeiget', wie ich trotz diesem
Hindernis zum Ziel komm'. Ich wollte was dran wagen, alles wollt' ich wagen
- Hm! -hm! - das Sohnerl der gnädigen Frau wird ein unglücklicher Mensch, die
Eltern verziehen's, verderben's, er wächst auf in Überfluß und Wohlleben, und
wird einst ein ruchloser, böser Mensch, der sich und andere ins Elend stürzt.
Der Reichtum ist ja dem Kind sein Verderben, und wer es davon befreit, der wäre
ja dem Kind sein Retter, sein Wohltäter. - Sollte mich etwa das Schicksal zu
diesem guten Werk ausersehen haben? - Wenn man das Kind entfernen könnt', wenn
man es dieser eitlen, hoffärtigen Mutter auf eine geschickte Art wegnehmen,
und es zu simplen armen Leuten bringen könnt', die es durch Mangel und Elend
zu einem braven Menschen bildeten; die Eltern wären anfangs desperat, doch mit
der Zeit täten sie sich trösten, ohne das Kind wird die lockere Ehe nicht lang'
zusammenhalten; sind sie dann getrennt, so schmeich'l ich mich wieder ein bei
der Frau Schwägerin, sie braucht einen Beschützer, einen Freund, ich insinuiere
mich immer mehr und mehr, werde ihr unentbehrlich, und am End* beerb' ich sie
noch, oder wenigstens meine Familie erbt einmal von ihr. Es geht, mein Herz
schöpft neue Hoffnung; die Aussichten sind zwar sehr entfernt, aber ich hab'
ein geduldiges Herz, ich kann auf einen so schönen Zweck jahrelang hinarbeiten.
- Johann Nestroy, Die verhängnisvolle Faschingsnacht In: J. N., Werke,
Hg. O. M. Fontana. Darmstadt 1968 (zuerst 1841)
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