errscher, wahrer »Ich kann eine Person mit einem einzigen Wort sterben lassen, während der Kaiser Befehle geben, Urteile aussprechen, Unterschriften leisten und die Dienste von Richtern, Inquisitoren, Eparchen, Kanzlern und Henkern in Anspruch nehmen muß. Ich brauche nur meine Feder, ein Tintenfaß und ein Blatt Pergament.«
Leo dachte, daß dieser Eunuch an Überheblichkeit leide.
»Ich leide nicht an Überheblichkeit«, sagte Lippas, indem er nochmals auf Leos Gedanken antwortete, »ich habe noch nicht einmal meinen Namen auf diese Blätter gesetzt und meinem Werk auch keinen Titel gegeben. Wie Ihr seht, ziehe ich es vor, mich in diesen Seiten zu verbergen, statt mich als Schriftsteller hervorzutun.«
»Aus der Arbeit, die Ihr im Vestiarium leistet, und aus Eurem Verhalten kann ich aber ersehen, daß Ihr auch an die Dinge glaubt, die Ihr tut, und nicht nur an die, die Ihr schreibt. Hoffentlich irre ich mich nicht.«
»Ihr müßt nicht beunruhigt sein, wenn ich mehr an dasjenige glaube, was man literarische Fiktion nennt, als an die Tatsachen, die als real bezeichnet werden. Es ist die Fiktion, die uns leitet und stützt, in Konstantinopel und anderswo. Auch Ihr wurdet von einer Fiktion gerettet. Was ist denn diese Kutte anderes, und die mönchische Tonsur, die Euch Eurer Haare beraubt hat; Es sind nur wenige Zeilen meiner Geschichte, aber diesen Zeilen verdankt Ihr Euer Leben.«
»Da könnte ich Euch zustimmen, doch sagt mir: warum mußte ich Gefahr laufen, zu sterben!«
»Wegen einer anderen geschriebenen Fiktion. Was sollte jenes Pergament, das
die Menschen am Hof hinmäht, denn sonst sein? Die Geschosse des griechischen
Feuers zerstören die Schiffe unserer Feinde und haben einen mächtigen Mann
wie Bringas in Asche verwandelt, und doch hat alles seinen Ursprung in einem
Stück Pergament, einer kleinen Anzahl von Wörtern und Zahlen. Diese Wörter und
Zahlen besitzen eine unermeßliche zerstörerische Kraft, und Ihr wart selbst
in Gefahr, durch sie zu sterben.« -
Luigi Malerba, Das Griechische Feuer. Berlin 1991
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