Hemp-hamp   Der Gutsherr sagte zu ihm: »Hast du mir einen Zaun und ein Fischbecken gemacht, so wirst du mir auch ein Hemp-hamp machen können!«

»Was ist ein Hemp-hamp, gnädiger Herr?« fragte der Bauer.

»Frage nicht erst lange, sondern geh und tu, was ich dir befohlen habe!«

Also ging der Bauer nach Hause und sagte dort zu seiner Frau: »Diesmal hat mir der Herr etwas zu tun aufgetragen, das noch nie menschliche Augen gesehen und wovon menschliche Ohren nie etwas gehört haben!«

»Dann wirst du es, mein Lieber, auch nie fertigbringen«, sagte darauf die Frau, »dein Tod ist nun schon sicher. Hier hast du emen Strick, warum hängst du dich nicht auf? Denn der Herr wird immer mehr von dir verlangen, und wirst du es nicht schaffen können, so ist dein Leben sowieso verwirkt!«

Der Bauer nahm den Strick und ging wieder in den Wald.

Unter der Birke blieb er stehen und schaute umher, aber das Männchen war nicht zu sehen. So stand er da und betrachtete die Birke. Endlich, nach etwa einer halben Stunde, erschien das Männlein und sagte: »Heute kommst du zum letzten Mal, dir meinen Rat zu holen!« Er brach einen Zweig der Birke ab und fuhr fort: »Hier hast du einen Zweig, wenn du damit irgend jemanden oder irgend etwas berührst und sprichst: Bleib haften!, dann wird es — egal ob Mensch oder Tier - an dem nächststeilenden Ding haften bleiben. Berührst du es dann wieder und sagst: Lös dich!, dann kommt es wieder los. Und jetzt geh nach Hause und schleiche in deine Kammer, aber so, daß dich keiner sieht!«

Der Bauer tat, wie ihm geheißen, und versteckte sich unter dem Bett. Seine Frau wußte nicht, daß er heimgekehrt war, und empfing den Kirchendiener mit einem reich gedeckten Abendbrottisch. Als sie sich beide satt gegessen hatten, setzten sie sich aufs Bett. Die Frau erhob sich aber sogleich und trat an den Nachttopf, der neben dem Bett stand. Der Kirchendiener folgte ihr alsbald. Als sie beide an dem Nachttopf standen, da sprang plötzlich der Bauer aus seinem Versteck hervor, berührte die beiden mit dem Zweig, rief: »Bleib haften!«, und schon klebten die beiden an dem Nachttopf fest. Er jagte sie aus dem Hause und trieb sie auf das Gutshaus zu.

Inzwischen war es Tag geworden. Ein Hirte trieb das Vieh auf die Weide, doch plötzlich löste sich aus der Herde eine Kuh und lief geradewegs auf den Bauern und die beiden mit dem Nachttopf zu. Der Bauer berührte die Kuh mit seinem Zweig und schon klebte sie an den anderen fest. Das gleiche geschah mit einem Bullen, der der Kuh folgte, und mit dem Hirten, der seine Tiere zurückholen wollte. Und der Bauer trieb sie immer weiter dem Gutshof zu. Nun aber kamen sie an den Leuten vorbei, die auf dem Weg zu den Gutsfeldern waren, um dort zu arbeiten, und diese schlugen mit ihren Dreschflegeln, Rechen und Heugabeln auf sie ein, denn der Aufseher schrie, daß man sie auseinandertreiben müsse. Der Bauer aber berührte einen jeden von ihnen mit seinem Zweig, und im Nu klebten sie alle aneinander fest. So kam er mit dem riesigen aneinandergeklebten Haufen vor das Gutshaus und ließ dem Herrn sagen, er solle herauskommen und sich das Hemp-hamp anschauen.  - Polnische Volksmärchen. Hg. Ewa Bukowska-Grosse und Erwin Koschmieder. Düsseldorf u.Köln 1982 (Diederichs, Märchen der Weltliteratur)

 

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