Heizkörper (2) Vielleicht morgen, vielleicht bald, vielleicht jetzt.
Planen war nie meine Stärke, ich tat es ohnedies. Ich rückte mir den Polsterhocker
- grün, mit etwas zerrissener Borte - vor den Gasofen, sprang noch einmal auf,
zur Tür, um den Schlüssel umzudrehen, kehrte zum Ofen zurück, setzte mich breitbeinig
davor und stellte ihn an. Das Gas zischte aus der Düse. Vorsicht, nicht rauchen!
Der Gestank des Gases mischte sich mit dem Freesienduft, der mich betäubte.
Ich suchte die Umnebelung vorwegzunehmen, drängte mich in das Kohlenoxyd ein.
Ich rutschte vom Hocker, kniete auf dem Boden und umfaßte den Heizkörper mit
den Armen. Das Gas füllte den Raum, ich hoffte, daß man es draußen nicht riechen
würde. Das Gas sparte mich aber aus, es ging, wohin es wollte, und ich spürte
nicht die geringste Wirkung. Ich wollte immer in dem weichen Gas einschlafen,
aber viel zu viele Hirngespinste kamen mir in die Quere, und kein Tod war unter
ihnen. Ich stand auf, drehte es ab, schloß die Tür auf und öffnete die Fenster.
Auf der Straße lag ein ernüchternd blasses Licht. - Walter E. Richartz, Aspirin.
In: W.E.R., Das Leben als Umweg. Zürich 1988
Heizkörper (3)
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