Heiratswillig  Sie bezeichnete sich selber als alte Jungfer, das heißt, sie war davon überzeugt, daß sie heiraten werde.

jedes Gespräch, sogar die Gespräche über das Wetter, wußte sie unbedingt zu einem Streit zu machen. Sie war von einer beherrschenden Leidenschaft besessen: jeden auf einem Wort festzulegen, jeden auf Widersprachen zu ertappen und sich an Phrasen zu klammern. Wer immer mit ihr und worüber man mit ihr sprach, sie sah dem anderen starr ins Gesicht und wußte ihn. plötzlich zu unterbrechen: »Erlauben Sie, erlauben Sie mal, Petrow. Vorgestern haben Sie genau das Gegenteil gesagt!«

Oder sie wußte spöttisch zu lächeln oder sagte dann: »Je nun, ich bemerke, Sie beginnen die Prinzipien der Dritten Abteilung * zu predigen. Ich beglückwünsche Sie dazu.«

Wenn jemand einen Witz machte oder ein Wortspiel brachte, konnte man sogleich ihre Stimme hören: »Uralt!« oder: »Sehr bescheiden!« Wenn dagegen ein Offizier etwas Geistreiches sagen wollte, zog sie nur eine verächtliche Grimasse und äußerte: »Arrrmeewitze!« - Anton Tschechow, Der Literaturlehrer. Nach (tsch)

* Russische Geheime Sicherheitspolizei

Heiratswillig (2) NARR Es ist Euch nicht unbekannt, gnädige Frau, daß ich ein armer Teufel bin.
GRÄFIN Nun gut.
NARR Nein, gnädige Frau, das eben ist nicht gut, daß ich arm bin, obschon viele von den Reichen zur Hölle fahren; aber wenn Elsbeth es nur bei Euer Gnaden erreicht, daß Ihr sie unter die Haube bringen helft, so wollen wir schon sehn, wie wir als Mann und Frau zusammen fortkommen.
GRÄFIN Willst du denn mit Gewalt ein Bettler werden?
NARR Ich bettle nur um Eure gnädige Einwilligung in diese Sache.
GRÄFIN In welche Sache?
NARR In Elsbeths Sache und meine eigne. Dienst ist keine Erbschaft, und ich denke, ich gelange nicht zu Gottes Segen, bis ich Nachkommenschaft sehe; denn, wie die Leute sagen: Kinder sind ein Segen Gottes.
GRÄFIN Sag mir den Grund, warum du heiraten willst.
NARR Mein armes Naturell, gnädige Frau, verlangt es. Mich treibt mein Fleisch dazu, und wen der Teufel treibt, der muß wohl gehn.
GRÄFIN Und das ist alle Ursache, die Euer Gnaden hat?
KARR Die Wahrheit zu sagen, ich habe noch andre heilige Ursachen, wie sie nun so sind.
GRÄFIN Darf die Welt sie wissen?
NARR Ich bin eine sündige Kreatur gewesen, gnädige Frau, gerade wie Ihr, und wie alles Fleisch und Blut; und mit einem Wort, ich will heiraten, damit ich bereuen könne.
GRÄFIN Deine Heirat mehr als deine Sündhaftigkeit.
NARR Es fehlt mir an Freunden, gnädige Frau, und ich hoffe, um meiner Frau willen Freunde-zu finden.
GRÄFIN Solche Freunde sind deine Feinde, Bursch!
NARR Ihr versteht Euch wenig auf gute Freunde, gnädige Frau; denn die Schelme werden, das für mich tun, was mir zuviel wird. Wer mein Land ackert, spart mir mein Gespann und schafft mir Zeit, die Frucht unter Dach zu bringen; wenn ich sein Hahnrei bin, ist er mein Knecht. Wer mein Weib tröstet, sorgt für mein Fleisch und Blut; wer für mein Fleisch und Blut sorgt, liebt mein Fleisch und Blut; wer mein Fleisch und Blut liebt, ist mein Freund: ergo wer meine Frau küßt, ist mein Freund. Wären die Leute nur zufrieden, das zu sein, was sie einmal sind, so gäbe es keine Skrupel in der Ehe: denn Charbon, der junge Puritaner, und Meister Poysam, der alte Papist, wie verschieden ihre Herzen auch in der Religion sind, läufts doch mit ihren Köpfen auf eins hinaus; sie können sich mit ihren Hörnern knuffen, so gut wie irgendein Bock in der Herde.
GRÄFIN Willst du immer ein frecher, verleumderischer Schelm bleiben?
NARR Ein Prophet, gnädige Frau; ich rede die Wahrheit ohne Umschweif:

Gedenkt nur an das alte Lied,
Es gut noch heut wie gestern:
Was einmal sein soll, das geschieht,
Der Kuckuck sucht nach Nestern.

GRÄFIN Geht nur, Freund; ich will die Sache ein andermal mit Euch verhandeln. - Shakespeare, Ende gut, alles gut

Heirat Wille

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