Heilkosten  ARGAN : sitzt in seinem Zimmer. Er hat einen Tisch vor sich und rechnet mit Hilfe von Spielmarken die Schulden bei seinem Apotheker aus Zwei und drei ist fünf und fünf ist zehn und zehn ist zwanzig. Zwei und drei ist fünf - »Ferner am vierundzwanzigsten: ein vorbereitendes, weichendes, mildes kleines Klistier, um den Darm des gnädigen Herrn zu schmeidigen, zu beleben und anzuregen.« Es gefällt mir an Herrn Fleurant, meinem Apotheker, daß seine Rechnungen stets in sehr höflichem Ton gehalten sind.  »... . und anzuregen, fünfzehn Groschen.« Ja, lieber Herr Fleurant, aber die Höflichkeit allein tuts nicht; man muß auch vernünftig sein und dem Patienten nicht das Fell über die Ohren ziehen. Fünfzehn Groschen für eine Spülung! Ich bin Ihr ergebenster Diener, das wissen Sie. In den früheren Aufstellungen haben Sie aber nur zehn Groschen angerechnet, und zehn in der Apothekersprache heißt so viel wie fünf. Da steht es: fünf Groschen. - »Ferner am selben Tage: ein kräftiges Klistier zum Abführen, bestehend aus einer doppelten Portion Katholikon, Rhabarber, Rosenhonig und anderem, laut Rezept, um den Unterleib des gnädigen Herrn auszufegen, zu spülen und zu reinigen. Fünfzehn Groschen.« Mit Ihrer gütigen Erlaubnis: fünf Groschen. - »Ferner am Abend desselben Tages: ein süßer, beruhigender, einschläfernder Trank als Schlafmittel für den gnädigen Herrn. Siebzehn und ein halber Groschen.« Dagegen habe ich nichts einzuwenden; er hat mir eine gute Nacht verschafft. Fünf - sieben - acht - acht und ein halber Groschen und fünf Heller. »Ferner am fünfundzwanzigsten: eine kräftige Essenz zum Abführen und Stärken, bestehend aus frischer Kassia nebst levantinischen Sennesblättern und anderen Zutaten, laut Anweisung des Herrn Purgon, um die Galle des gnädigen Herrn auszuscheiden und zu entfemen. Vier Franken.« Mein lieber Herr Fleurant, Sie scherzen wohl. Ich denke, Sie wollen mit Ihren Kränken auskommen. Herr Purgon hat Sie nicht angewiesen, vier Franken auf die Rechnung zu setzen. Schreiben Sie - schreiben Sie - drei Franken, wenn ich bitten darf. Also zehn - fünfzehn Groschen. — »Ferner am selben Tage: eine schmerzstillende, adstringierende Tinktur, um dem gnädigen Herrn Ruhe zu verschaffen. Fünfzehn Groschen.« Gut. Fünf-siebeneinhalb Groschen. - »Ferner am sechsundzwanzigsten; ein Klistier gegen Blähungen, um die Winde des gnädigen Herrn zu verjagen. Fünfzehn Groschen.« Fünf, Herr Fleurant. - »Ferner: dasselbe Klistier wie oben, abends noch einmal verabreicht. Fünfzehn Groschen.« Nein, Herr Fleurant; fünf. - »Ferner am siebenundzwanzigsten: eine kräftige Mixtur, um den Stuhlgang des gnädigen Herrn zu befördern und seine schlechten Säfte zu vertreiben. Drei Franken.« Meinethalben. Zehn - fünfzehn Groschen. Es freut mich, daß Sie vernünftig sind. -»Ferner am achtundzwanzigsten: eine Portion abgeklärter und versüßter Molken, um das Blut des gnädigen Herrn zu beruhigen, zu lindern, abzukühlen und zu erfrischen. Zehn Groschen.» Also fünf Groschen. - »Ferner: eine vorbeugende herzstärkende Essenz, versetzt mit zehn Gran Bezoarstein und einem Saft aus Limonen, Granatäpfeln und anderem, laut Verordnung. Fünf Franken.« Mein lieber Herr Fleurant, mäßigen Sie sich, wenn ich bitten darf! Wenn Sie so vorgehen, hat kein Mensch mehr Lust, krank zu sein. Begnügen Sie sich mit vier Franken! Also: zehn - zwanzig Groschen. - Zwei und drei macht fünf und fünf macht zehn und zehn macht zwanzig. Dreiundsechzig Franken, zwei Groschen, sechs Heller. Demnach hätte ich in diesem Monat - eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht Arzneien genommen und - eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf - zwölf Spülungen bekommen, während es im vergangenen Monat zwölf Arzneien und zwanzig Spülungen waren. Ich brauche mich also nicht zu wundern, daß es mir in diesem Monat nicht so gut geht wie im vorigen. Ich werde es Herrn Purgon sagen. Er soll Abhilfe schaffen. So, und nun befreit mich von dem ganzen Kram! Er merkt, daß niemand kommt und daß keiner von seinen Leuten im Zimmer ist Kein Mensch ist da. Ich kann reden, soviel ich will, man läßt mich immer allein. Es gibt keine Möglichkeit, sie lassen sich einfach nicht halten. Er schellt mit einer  Handglocke, die auf dem Tisch steht Sie hören nichts, die Glocke ist nicht laut genug. Klingelingeling. Nichts zu machen. Klingelingeling. Sie sind taub. Toni! Klingelingeling. Kein Unterschied, ob ich schelle oder nicht. Verdammtes Weibsbild! Klingelingeling. Ich werde wahnsinnig. Er schellt nicht mehr, sondern er schreit Klingelingeling. Du Rabenaas, zu allen Teufeln mit dir! Wie kann man einen armen Kranken nur so völlig sich selbst überlassen! Klingelingeling, das ist ja zum Erbarmen! Klingelingeling. O mein Gott, sie lassen mich einfach zugrunde gehen.  - Moliére, Der eingebildete Kranke
 
 

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