eiliger,
hölzerner
Nach einem Monat ging ich wieder in das Bordell an der Via Mario dei Fiori,
wo mir am Abend meiner Ankunft in Rom das Leben wiedergeschenkt worden war.
Doch die Kälte in allen meinen Gliedern nahm beständig zu, während ich hinter
einer Frau ein hölzernes Wendeltreppchen emporstieg und ein von einem Ölofen
erwärmtes Zimmer betrat; als sie die Tür hinter sich schloß, ihr Leibchen aufknöpfte
und ihr Kleid auszog, ersann ich deshalb eine List, lehnte mich, immer noch
angezogen, an eine Kommode voller Fotografien und sagte lächelnd: ›Ich möchte
dir aber was sagen.‹ Die Frau, die sich nackt aufs Bett geworfen hatte und die
Arme hinter dem Kopf verschränkt hielt, fragte: ›Was?‹ Dann fuhr sie mit sanfter
Stimme fort: ›Weißt du, Lieber, daß du wahr und wahrhaftig schön bist?‹ ›Gefalle
ich dir?‹ fragte ich. ›Ja‹, sagte sie mit verschleierten Augen, zog eine Hand
hinter ihrem Nacken hervor und strich sich energisch über den Hals. ›Wenn ich
aus diesem Haus herauskomme, möchte ich vierzehn Tage mit dir in Venedig verbringen.
Du wirst sehen, wie wir uns amüsieren. Mit einer einzigen Liebkosung läßt Caterina
einen Toten aus dem Grabe auferstehen.‹ ›Übertreibung!‹ ›Durchaus keine Übertreibung,
mein Hübscher!‹ ›Gut, ich nehme dein Angebot an, aber unter einer Bedingung.
›Welcher?‹ ›Daß, wenn ich unter deinen famosen Liebkosungen kalt zu bleiben
vermag, du die Kosten des Aufenthalts in Venedig bestreitest. Andernfalls, na
schön, übernehme ich sie.‹ Sie schaute mich mit leuchtenden Augen an. ›Einverstanden/,
sagte sie, ›mir vermag nicht einmal ein hölzener Heiliger zu widerstehen.‹ ›Schön‹,
antwortete ich und zog mich in aller Eile und in der Hoffnung aus, meine Wette
vielleicht doch zu verlieren.«
»Und hast du sie verloren ?«
»Nach fünf Minuten hinterließ die arme Caterina auf den Bettüchern die Spuren
ihrer verschwitzten Glieder, ihre Haare klebten ihr an den Wangen, der Atem
pfiff zwischen ihren Lippen, aber ich blieb unerschütterlich, mit einem giftigen
Lächeln auf den Lippen. Zehn, fünfzehn, zwanzig Minuten, eine halbe Stunde...
›Hör mal‹, sagte dann das wackere Mädchen, ›du hast gewonnen, ich sehe es ein.
Ich werde also für unseren Aufenthalt in Venedig zahlen... Aber jetzt bitte
ich dich, tu dir keinen Zwang mehr an und laß der Natur ihren Lauf .‹ In diesem
Augenblick erhob ich mich, ironisch lächelnd, aus dem Bett, zog mich sorgfältig
und langsam an, knotete meine Krawatte zweimal, warf der Frau, die völlig erschöpft
auf dem Bett liegen geblieben war, Geld auf die Brust und ging auf die Straße
hinaus. Ich lief sofort zum Cafe Aragno, ließ mir die Herrentoilette aufschließen,
und dort brach ich in langes verzweifeltes Weinen aus.« - Vitaliano Brancati, Schöner Antonio. Nördlingen 1985
(Die Andere Bibliothek 7)
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