eiligenlegende
Der Heilige Hermann joseph war ein ganz armer Junge, der immer hungrig
in die Schule gehen musste. Einmal bekam er einen schönen Apfel
geschenkt, aber statt ihn zu essen, brachte er den Apfel in die Kirche zur Marienstatue
und hielt ihn dem Jesuskind hin, das seine Hand danach ausstreckte und den Apfel
nahm. Ein anderes Mal, im Winter, ging der Heilige Hermann Joseph noch vor der
Schule in die Kirche und zur Marienstatue. Da sah die Mutter Gottes, dass er
keine Schuhe anhatte. Sie fragte ihn, warum er bei der Kälte barfuß laufe, und
als der Heilige Hermann Joseph sagte, dass seine Eltern kein Geld für Schuhe
hätten, da zeigte ihm die Gottesmutter eine Stelle in der Kirche, wo ein Stein
lose war. Darunter fand der Heilige Hermann Joseph so viel Geld, dass er sich
Schuhe kaufen konnte. Ich hätte das Geld an seiner Stelle aber nicht genommen,
denn wenn man mit Geld aus der Kirche kommt, dann heißt es, man hat den Opferstock
aufgebrochen oder was aus einem Portemonnaie genommen, das jemand dort liegen
gelassen hat. Und die Eltern fragen auch, wo man das Geld herhat, und sagen,
dass sie natürlich keine Schuhe dafür kaufen, sondern dass man das Geld schleunigst
zurückbringen soll, so wie damals nach Achims Geburtstag, als er mir seine alte
Uhr geschenkt hatte, die ich am selben Abend noch zurückgeben musste. Aber wahrscheinlich
erkennt man daran, ob jemand heilig ist oder nicht,
ob er das Geld einfach nimmt oder lieber liegen lässt.
- (raf)
Heiligenlegende
(2) Ulrike. Wir feiern ihr Fest am 9. Mai. Als man ihren
Leichnam fand, war dieser jedoch ohne Hirn. Das Hirn war schon beim Herrn. Neben
ihrem Körper stand ein halbzerbrochenes Gefäß mit vertrocknetem Blut. Als man
das Blut herausnahm und in eine Schale aus Kristall legte, fing es an, wie Gold
und Silber zu schimmern. In ihrer Zelle waren eine Lilie und eine Palme zu sehen,
dann ein Anker, eine Geißel und drei Pfeile. Noch wusste man mit diesen Zeichen
nichts anzufangen, als drei Profiler unabhängig voneinander ihre Geschichte
vor sich sahen. Ulrike war die Tochter von Kleinbürgern und wuchs in einer Kleinstadt
auf. Als intelligentes Mädchen erweckte sie schon bald die Aufmerksamkeit der
herrschenden Klasse, namentlich eines bestimmten Ministers und ehemaligen Nazis.
Dieser schmeichelte und drohte Ulrike, um ihre Gunst zu erringen, doch vergeblich,
sie hatte sich schon ganz der Revolution versprochen. Da ließ der Minister sie
ergreifen und fast zu Tode geißeln. Als zwei Engel sie im Kerker heilten, ließ
der Minister sie an einen Anker binden und im Neckar versenken. Doch die Engel
banden Ulrike vom Anker los und trugen sie ans Ufer. Nun befahl der Minister,
das fromme Mädchen mit glühenden Pfeilen zu erschießen. Doch die Pfeile wendeten
sich gegen die Schützen und töteten sie. Da ließ der Minister sie schließlich
erdrosseln. - (raf)