ebbel, Friedrich,
der hervorragende deutsche Dichter, ist in seinen Zusammenhängen mit der Sexualität
bisher viel zu wenig erkannt und erklärt worden. In seinen Tagebüchern findet
sich eine ganze Reihe Sexualia. »Ein Ehemann, der sich von seiner Frau jedesmal
Quittung geben läßt, wenn er seiner Pflicht Genüge geleistet hat«. »Die Menschheit
oder der Mensch ist, wie die edle Melusine, nur passabel bis zum Nabel - dann
folgt das Ungeheuer«. Hebbel notiert als Zitat: »Wenn die Geliebte manchem den
Hintern zeigte, so würde der Mann gerade darauf gespitzt sein«. Dabei wußte
er, der Dichter von »Gyges und sein Ring«, nichts von jenem großen Gemälde »Gyges
erblickt des Kandaules Frau«, das Jakob Jordaens fast zweihundert Jahre vor
ihm gemalt hatte (jetzt im Nationalmuseum in Stockholm) und das Rhodope gerade
in der nackten Rückenstellung mit sehr starken Posteria zeigt. Hebbel beobachtet
aus seinem Hinterstübchen »was ich nicht für möglich gehalten hätte«, daß nämlich
ein fünfjähriger Junge in einer Gartenlaube ein sechsjähriges Mädchen auf den
Tisch legt, ihr die Röcke aufdeckt und den Geschlechtsteil betastet. Das Verhalten
des Mädchens bringt dem Dichter die Auffassung, daß es die Verführerin ist.
Das »Allerscheußlichste« ist ihm von jeher erschienen, daß die Landsknechte
im dreißigjährigen Krieg die toten Weiber geschändet haben. »Ich konnte es kaum
glauben, es erschien mir das Maß des Menschenmöglichen zu überschreiten«. Es
ist sehr interessant, daß dieser Dichter, dem die stärksten Sexualia nicht menschlich
begreiflich sein wollen, in seinen größten Dramen »Gyges«, »Herodes und Mariamne«,
in »Genoveva« und selbst in den »Nibelungen« die kompliziertesten eigenartigsten
Sexualmotive zu treibenden Beweggründen seiner Helden und Heldinnen wählte. - (
erot
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