ausgötter Zwei
Arten von Göttern beschützen die Stadt Leandra. Die einen wie die andern sind
so klein, daß man sie nicht sehen, und so zahlreich, daß man sie nicht zählen
kann. Die einen sind innen an den Haustüren, in der Nähe der Kleiderablage und
der Schirmständer; bei Umzügen folgen sie den Familien und nehmen mit der Schlüsselübergabe
in den neuen Wohnungen Quartier. Die andern sind in der Küche, verstecken sich
mit Vorliebe unter den Töpfen oder im Rauchfang oder in der Besenkammer: Sie
gehören zum Haus, und wenn die Familie, die hier wohnt, auszieht, bleiben sie
bei den neuen Mietern; vielleicht waren sie auch schon da, als das Haus noch
gar nicht stand, zwischen dem Unkraut des Baugeländes, versteckt in einer verrosteten
Büchse; wird das Haus abgerissen und an seiner Stelle eine Mietskaserne für
fünfzig Familien errichtet, so findet man sie in den Küchen ebenso vieler Wohnungen
vermehrt wieder. Um sie auseinanderzuhalten, wollen wir die einen Penaten
und die anderen Laren nennen.
Es ist nicht gesagt, daß in einer Wohnung die Laren immer mit den Laren und
die Penaten immer mit den Penaten zusammen sind: Sie besuchen sich, spazieren
miteinander auf den Stuckleisten, auf den Heizungsrohren, kommentieren die Familienbelange,
es kommt leicht zu einem Streit, aber sie können sich auch jahrelang gut verstehen;
wenn man sie alle in einer Reihe sieht, kann man nicht unterscheiden, wer die
einen und wer die andern sind. - Italo Calvino, Die unsichtbaren
Städte. München 1977 (zuerst 1972)
Hausgötter (2)