Haus, eßbares   In Miami gibt es Termiten wie in jeder anderen Stadt, aber im subtropischen Klima vermehren sie sich rasch, und sie fressen eine Menge Holz. Wenn man sie in einem Haus entdeckt, wird man sie nur noch mit einem «Zelt» los. Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn Hausbesitzer, die einmal Termiten entdeckt haben, alle zwei oder drei Jahre ein neues Zelt aufbauen müssen. Termitenschwärme haben ein gespenstisches Talent dafür, den Heimweg in ein eßbares Haus zu finden, und die Kammerjäger in South Florida leben in Freuden allem von Wiederholungsaufträgen. Über das befallene Haus wird eine Zeltleinwand gespannt, und die Bewohner müssen für sechsunddreißig bis zweiundsiebzig Stunden ausziehen, während Vikane-Gas Termiten wie andere Insekten im Haus tötet. Lebensmittel und andere verderbliche Dinge werden in Plastik verpackt, während das Haus unter dem Zelt steht, und die Hausbewohner ziehen entweder zu Freunden oder kommen in einem Motel unter, bis sie gefahrlos nach Hause zurückkehren können. Einbrüche in Zelthäuser kommen häufig vor, und drei- oder viermal im Jahr, manchmal auch öfter, findet man tote Einbrecher, die das Vikane-Gas überwältigt hat, bei den toten Insekten, wenn die Bewohner wieder zurückkommen. Vikane ist ein starkes Gift; es tötet Menschen genauso wie Termiten. Einbrecher, die auf solche Zelteinbrüche spezialisiert sind, tragen Gasmasken und verlassen das Haus mit ihrer Beute schnell wieder. Amateure aber, die sich ein feuchtes Taschentuch vor den Mund drücken und allzu lange nach Wertsachen suchen, werden von den Dämpfen überwältigt und fallen wie die Kakerlaken und Termiten tot zu Boden. Zumeist handelt es sich bei den toten Einbrechern um Teenager, Highschool-Aussteiger mit niedrigem Intelligenzquotienten, aber gelegentlich sind es auch erwachsene Männer, die es besser wissen müßten. Warnschilder werden rings um das Zelt an allen vier Seiten aufgestellt, in englischer und in spanischer Sprache, aber dreißig Prozent der Einbrecher in Miami sind Analphabeten in beiden Sprachen und können nicht lesen, was auf den Schildern steht. Früher einmal postierten die Kammerjäger eine Wache vor dem Haus; aber dann stiegen die Versicherungsprämien stark an. Die Versicherungsgesellschaften erklärten den Kammerjägern, das Vorhandensein der Wachtposten ermögliche es den Familien der toten Einbrecher, sie zu verklagen, weil es ihnen nicht gelungen sei, den Mann am Betreten des Hauses zu hindern. Während der Wachmann draußen vor dem Haus in seinem Auto saß, rauchte und im Radio einen Rocksender eingestellt hatte, konnte sich an der Rückseite leicht ein Dieb unter dem Zelt hindurch ins Haus schleichen. Nach dieser Entscheidung stellten die Kammerjäger keine Wachen mehr auf, sondern begnügten sich mit Warnschildern. Für die Analphabeten unter den Einbrechern waren die Kammerjäger nicht verantwortlich, solange die Highschool-Rektoren nicht dafür verantwortlich waren, daß Analphabeten ihre Schulen verließen.

Noch nie hat man eine Einbrecherin, ob Teenager oder erwachsene Frau, am Vikane-Gas erstickt in einem Zelthaus gefunden. Frauen, überlegte Hoke, erfuhren von ihren Müttern, wie gefährlich Haushaltsreiniger sein konnten; man würde sie niemals tot unter einem Zelt finden.

Zwei tote Schwarze, schon aufgedunsen von der Hitze, wurden nach einer Zeltreinigung im Flur des Hauses von Mr. und Mrs. James Magers aufgefunden. Die Magers hatten das Zelt zum Anlaß für einen Kurzurlaub genommen.  - Charles Willeford, Bis uns der Tod verbindet. Reinbek bei Hamburg 1996

 

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