aschisch
Da liegt die Droge vor euren Augen: ein wenig grüne Konfitüre, ein etwa
nußgroßes Stück, wunderlich duftend, und zwar so stark, daß sie einen
gewissen Widerwillen und Anwandlungen von Übelkeit aufkommen läßt, wie
dies übrigens jeder auserlesene und selbst angenehme, zu seiner größten
Stärke verdichtete Duft tun würde. Es sei mir nebenbei die Bemerkung
erlaubt, daß diese Behauptung umgekehrt werden kann und daß selbst der
widerlichste. der empörendste Duft möglicherweise zu einem Vergnügen
werden könnte, wenn er auf ein Minimum an Menge und Verbreitung
reduziert würde. -Hier liegt also das Glück! Es füllt nur einen
Kaffeelöffel aus! Das Glück mit all seinen Trunkenheiten, all seinen
Verrücktheiten, all seinen Kindereien! Ihr könnt die Droge ohne Furcht
hinunterschlucken. Man stirbt nicht daran. Euer Organismus wird dadurch
in keiner Weise beeinträchtigt. Später vielleicht, wenn ihr dem
Zaubermittel zu häufig zusprecht, wird es eure Willensstärke vermindern,
vielleicht werdet ihr dann weniger Mensch sein als jetzt. Aber die
Bestrafung liegt in so weiter Ferne, und das künftige Mißgeschick ist
von so schwer zu beschreibender Natur! Was setzt ihr aufs Spiel? Morgen
werdet ihr ein wenig nervöse Müdigkeit verspüren. Riskiert ihr nicht
jeden Tag härtere Strafen für geringere Belohnungen? Also, abgemacht!
Ihr habt, um eurer Dosis mehr Kraft und Wirksamkeit zu verleihen, den
fetten Extrakt in einer Tasse schwarzen Kaffees aufgelöst. Ihr habt für
einen leeren Magen gesorgt und die Hauptmahlzeit auf neun oder zehn Uhr
abends verlegt, damit das Gift uneingeschränkt wirken kann. Frühestens
in einer Stunde werdet ihr eine leichte Suppe zu euch nehmen. Nun seid
ihr für eine lange und sonderbare Reise genügend ausgerüstet. Der Dampf
ist entwichen, die Segel sind gerichtet, und ihr habt vor den
gewöhnlichen Reisenden den Vorteil voraus, nicht zu wissen, wohin ihr
fahrt. Ihr habt es so gewollt! Es lebe das Verhängnis!
- Charles Baudelaire,
Die künstlichen Paradiese. Zürich 2000 (zuerst ca. 1860)
Haschisch (2)
|
||
![]() |
||
![]() |
![]() |
|
![]() |
||
|
|
|
![]() ![]() |
![]() ![]() |