arlekin   Melchior Grimm führt ihn in seiner »Literarischen Korrespondenz« folgendermaßen ein: »Dieses kleine, am Fuß des Vesuvs geborene Wesen ist ein wahres Phänomen. Er verbindet mit einem klaren durchdringenden Blick ein umfassendes und gründliches Wissen, mit dem Scharfsinn des Genies die Heiterkeit und Lustigkeit eines Menschen, der nur amüsieren und gefallen will. Er ist Platon mit dem Feuer und den Gebärden eines Harlekin.« Platon und Molière seien in ihm vereinigt, schrieb Voltaire. Und Marmontel: »Galiani war gewiß der reizendste Harlekin, den Italien hervorgebracht hat, aber auf den Schultern dieses Harlekins ruhte der Kopf eines Machiavell. Er ist Epikuräer, aber mit einem melancholischen Gemüt, da er alles von der lächerlichen Seite sieht. Er konnte über jegliche Frage der Moral und Politik eine lustige Geschichte erzählen, und diese Geschichten trafen immer das Richtige und waren mit unvorhergesehenen geistreichen Anspielungen gewürzt. Man denke sich dabei in seiner Art zu erzählen und in seinem Gebärdenspiel die naivste Zierlichkeit, und man begreift, welch ein Vergnügen uns der Gegensatz zwischen dem tiefen Sinn der Erzählung und der tändelnden Manier des Erzählers bereiten mußte.« Wenn der Abbé seine Geschichte erzählt hatte, berichtet man, zog er sich, plötzlich still und traurig werdend, in eine Ecke des Zimmers zurück, wie wenn eine Stimmung sich erschöpft hat und eine andere an ihre Stelle tritt. - Fritz Schalk, Vorwort zu (gal)

Harlekin (2)

  

- Franz von Bayros

Harlekin (3)

- Georges Pichard

Harlekine (4, orphische)   Arthur Cravan bildete mit Delaunay und mir ein Trio, wenn wir auf dem Bal Bullier in verschiedenfarbigen Seidensocken Tango tanzten, Robert in einem hälftig roten und grünen Smoking, Arthur in einem schwarzen Hemd mit durchbrochenem Brustteil, durch das man die blutroten obszönen Inschriften lesen konnte, die auf seine Haut tätowiert waren, während seine wild flatternden Frackschöße mit frischer Farbe beschmissen waren. (Bevor er auf den Ball ging, pflegte sich Cravan regelmäßig auf die Palette von Delaunay zu setzen, was Robert wegen des teuren Lapislazuli zum Heulen brachte und uns mehr als einmal den Abend verpatzte.) Ich selbst hißte Krawatten aus Chicago, die noch beißender waren als amerikanische tomato sauce und pickles und schreiender als das Gefieder eines Papageis. Diese reinen orphischen Harlekine, die mit ihrer ganzen Buntscheckigkeit Ärgernis erregen, aber auch den Futuristen von Marinetti Konkurrenz machen wollten! Der ständige Delegierte der Futuristen in Paris, Gino Severini, telegraphierte jeden Abend alle Einzelheiten unserer Kostüme nach Mailand, und die Nachrichten strahlten weiter aus, bis sie sogar in St. Petersburg die Dekorationen von Larionoff und der Gontscharowa, die für die Truppe von Djaghilew arbeiteten, beeinflußten, und das war bekannt und wurde noch von den Moskauer Futuristen nachgeahmt; das berühmte chromgelbe Hemd von Majakowski war das letzte Echo unserer tollen Pariser Nächte. Der Dichter Arthur Cravan hatte unendlich viel Talent, das er ebenso schlecht genützt hat wie seine kolossale Körperkraft, denn Arthur war ein Champion, ein Athlet, ein Preisboxer, doch moralisch ein Weichling wie viele halbprofessionelle Sportler, die sich durch intensives Training herunterbringen, Sklaven ihres schönen Körpers, den sie gern zur Schau stellen, Opfer ihres Torsos und ihrer Muskeln, die sie bereitwillig herzeigen, ihres Bizeps, den sie spielen lassen, um zu verfuhren - was ihnen Ehre, Geld, Frauen, Luxus und schließlich jene Schlaffheit einträgt, der sie noch vor ihrem dreißigsten Jahr verfallen.   - Blaise Cendrars, Sternbild Eiffelturm. Zürich 1982 (zuerst 1949)
 
 

Maske Lustigmacher Theater

 

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