Daremsschaukel  Als Nuronihar bemerkte, daß ihn die Geduld verließ, trat sie in geheuchelter Hochachtung mit ernstem Gesicht auf ihn zu und sagte: «Hoher Herr, es schickt sich nicht, daß der Eunuchenoberst des Kalifen, unseres Herrschers, immerzu aufrecht steht. Geruht darum allergnädigst, Eure hohe Person auf dies Sofa niederzusetzen, das vor Ärger zerbrechen wird, wenn ihm die Ehre entgeht, Euch aufzunehmen.»

Ganz entzückt von dieser schmeichelhaften Anrede, entgegnete Bababaluk galant: «Entzücken meines Augapfels! Ich nehme diese Einladung von Euren Honiglippen an, denn ich muß gestehen, meine Sinne sind von der allzu großen Leuchtkraft Eurer Schönheit wie geblendet.» — «Nun denn, so legt Euch nieder und erholt Euch!» erwiderte die Schöne und nötigte ihn auf das vermeintliche Sofa, das mit Blitzesgeschwindigkeit sofort in die Höhe schnellte. Da bemerkten die übrigen Frauen, worum es sich handelte, sprangen nackt aus dem Bade und gaben der Schaukel die kräftigsten Stöße, so daß sie die weite Kuppel so schnell durchsauste, daß das arme Opfer überhaupt nicht zu Atem kommen konnte. Bald streifte der Unglückliche mit den Füßen den Wasserspiegel, bald flog er fast durch die Dachfenster in den Himmel; vergeblich schrie er mit einer Stimme, die wie zerbrechendes Geschirr klang; das Gelächter war so laut, daß man ihn nicht hörte. Nuronihar, berauscht vom Geist ihrer Jugend, die nur Eunuchen aus einfachen Harems kannte und die einen so abstoßenden Kerl wie Bababaluk noch nie gesehen hatte, fand an dem Spaß mehr Freude als die anderen Frauen. Sie fing an, persische Verse spöttisch umzudichten, und sang mit übermütiger Stimme: «O edle weiße Taube, die du in Lüften fliegst, o widme einen guten Blick deiner Liebesgefährtin. Schluchzende Nachtigall, ich bin deine Rose, sing mir ein Lied, das mein Herz erfreut!» Die Sultanas und Sklavinnen ließen, durch diese Späße noch mehr belustigt, die Schaukel noch stärker fliegen, so daß schließlich die Schnüre, die sie festhielten, entzweirissen und Bababaluk wie eine Schildkröte mitten ins Bad plumpste. Ein allgemeines Gelächter erscholl. Zwölf kleine Türen, die bisher unsichtbar waren, flogen plötzlich auf, und die Darnen machten sich davon wie der Wind, aber nicht ohne zuvor alle Tücher und Bademäntel ihrem Opfer an den Kopf geworfen und alle Lichter gelöscht zu haben.

Das arme Tier, bis ans Kinn im Wasser, konnte sich, stockfinster wie es war, nicht aus dem Wust von nassen Tüchern befreien und war noch dazu verdammt, zu seinem weiteren Labsal das freche Lachen über seinen Unfall mit anzuhören. Vergeblich versuchte er sich aus dem Wasser zu ziehen, der Rand war so glitschig vom Öl der zerbrochenen Lampen, daß er bei jedem Versuch immer wieder mit einem Plumps zurückfiel, der dumpf in der Kuppel hallte. Die wilden Gelächter wurden immer stärker bei jedem Sturz, und der Arrne glaubte, der Raum sei eher von Teufeln als von Frauen bewohnt. - William Beckford, Vathek. Stuttgart 1983 (Bibliothek von Babel, Bd. 3., Hg. J. L. Borges)

harem Schaukel

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