andwerker   Sébillots Buch Légendes et curiosités des metiers stellt ein Inventar der konstitutiven Persönlicbkeitsmerkmale auf; die von der Tradition mit der Ausübung verschiedener Handwerksberufe assoziiert werden. Diese Merkmale sind von dreierlei Art. Zunächst der körperliche Aspekt:

Man stellte die Weber und Schneider, vielleicht deshalb, weil sie sitzend oder hockend arbeiteten, als Krüppel oder Verwachsene dar. Die bretonischen Märchen verleihen dem Schneider mit Vorliebe das Aussehen eines schieläugigen Buckligen mit struppigem rotem Haar. Die Metzger dagegen galten als robust und gesund.

Darüber hinaus unterschied man die Berufe nach moralischen Kriterien. Praktisch einstimmig brandmarkt ein alter europäischer Volksglaube die Weber, die Schneider und die Müller als Diebe, die zu ihrer Berufsausübung einen Rohstoff — Garn, Tuch, Korn — bekommen, bei dem man argwöhnt, daß sie davon etwas für sich selbst abzweigen, bevor sie ihn, in Stoff, Kleidungsstück oder Mehl verwandelt, wieder in Umlauf bringen. Wenn diese drei Zünfte in dem Ruf standen, hinsichtlich der Quantität der Produkte zu betrügen, so verdächtigte man die Bäcker — die das Ansehen von Kupplern, ja sogar von Betreibern von Stundenhotels hatten —, Waren von zweifelhafter, durch die Darbietungsform verfälschter Qualität zum Verkauf zu bringen.

Schließlich schrieb man jeder Kategorie von Handwerkern unterschiedliche psychologische Dispositionen zu: Die Schneider galten als prahlerisch und furchtsam, aber auch als gewitzt und als Glückspilze nach Art der Schuhmacher; diese wiederum als Possenreißer, Schlemmer und schalkhafte Vögel; die Metzger waren ungestüm und hoffärtig; die Schmiede eitel; die Holzfäller grob und verdrießlich; die Barbiere geschwätzig; die Anstreicher trinkfreudig und immer fröhlich usw.

Ein von Sébillot zitiertes Sprichwort bietet einen Abriß dieser Vorstellungen, allerdings nicht ohne gewisse Abwandlungen einzuführen: »Wenn es hundert Priester gäbe, die keine Vielfraße wären; hundert Schneider, die nicht fidel, hundert Schuhmacher, die keine Lügner, hundert Weber, die keine Diebe, hundert Schmiede, die nicht durstig, und hundert alte Weiber, die nicht schwatzhaft wären: dann könnte man den König unbesorgt krönen.« - (str)

Handwerker (2) Wie erpicht Piraten auf  Handwerker waren, geht aus einem Bericht hervor, der am 29. November 1725 in der Boston Gazette erschien. Die Sloop Fance segelte von Boston nach Westindien, als die Sloop Sea Nymph des Piraten Philip Lyne vor ihr auftauchte. Beim Anblick der schwarzen Piratenflagge zeigte Ebenezer Mower mehr Angst als jeder andere, weinte und klagte, daß sie ihn pressen würden, weil er Küfer sei«. Der 30jährige Mower hatte allen Grund zur Sorge. Kaum hatten die Piraten das Schiff gekapert, zwangen sie ihn, sich ihnen anzuschließen. Die Methoden, die sie dabei anwandten, ließen ihm kaum eine andere Wahl.

Einer der Piraten schlug Mower mit dem Stiel eines Beils so oft an den Kopf, daß er grün und blau war und blutete, dann zwang derselbe Pirat den vorerwähnten Mower, den Kopf auf ein Lukensüll zu legen, holte mit dem Beil aus und drohte, ihm den Kopf abzuhacken, wenn er nicht sofort ihre Artikel unterzeichne. Der vorerwähnte Mower flehte um sein Leben. Dann brachte derselbe Pirat den vorerwähnten Mower in die Achterhütte, wo sie kurze Zeit blieben, und als Mower wieder herauskam, teilte er dem Zeugen und anderen Gefangenen mit, daß er ruiniert und erledigt sei, da sie ihn zur Unterzeichnung ihrer Artikel gezwungen hätten.

Wir wissen nicht, was aus Mower wurde. Wir können nur hoffen, daß es ihm besser erging als Richard Luntly, einem Zimmermann, der vor der Küste Guineas in die Gewalt des Piraten Howell Davis geriet. Nach zahlreichen Abenteuern landete er auf dem Piratenschiff des Bartholomew Roberts, »und wir gepreßten Männer wurden mit Waffengewalt zu Dingen gezwungen, die wir mit unserem Gewissen nicht vereinbaren konnten«. Eines Abends beschlossen er und seine Leidensgenossen, das Schiff in ihre Gewalt zu bringen und nach Westindien zu segeln. Doch ein Pirat hatte sie belauscht. Er verständigte Roberts und seinen Quartiermeister, »und sofort wurden alle Männer zusammengerufen, um darüber zu beratschlagen, was mit uns geschehen sollte. Einige waren dafür, uns zu erschießen, andere widersprachen, und zuletzt einigten sie sich darauf, uns auf einer einsamen Insel auszusetzen.« Von einem britischen Schiff von der Insel gerettet, wurde der bedauernswerte Luntly in Schottland vor ein Seegericht gestellt und wegen Piraterie zum Tode verurteilt. Am 11. Januar 1721 wurde er an der Küste bei Leith gehängt. - David Cordingly, Unter schwarzer Flagge. Legende und Wirklichkeit des Piratenlebens. München 2001 (dtv 30817, zuerst 1995)

Handwerker (3) Dummer alter Mythos vom Künstler als »Handwerker«; dabei schaffe ich, Handwerker, zugleich doch auch das Material zu diesem Handwerk. Zwei Produktionsgrundlagen in einem: Natur und Handwerk = Kunst. - (bleist)

Handwerker (4)

- Michael Nichols, Magnum Photos, in: Spektrum der Wissenschaft spezial - Leben und Kosmos. Ca. 1994

Handwerker (5)  Die Gräfin: Fürwahr, mein lieber Abbé, ich  möchte Euch nicht raten, von den Wundertaten Jesu zu sprechen. Der Weltschöpfer sollte Jude geworden sein, um Wasser in Wein auf einer Hochzeit zu verwandeln, bei der alle schon betrunken waren? Er sollte vom Teufel auf einen Berg hinaufgetragen worden sein, von dem aus man alle Reiche der Welt erblickt? Er sollte den Teufel in die Leiber von zweitausend Schweinen geschickt haben, in einem Land, wo es Schweine überhaupt nicht gab? Er soll einen Feigenbaum zum Verdorren gebracht haben, darum weil er keine Feigen getragen hatte, »als es nicht die Zeit der Feigen war«? Glaubt mir, alle diese Wunder sind so lächerlich wie die von Moses. Gebt vernehmlich zu, was Ihr im Grund Eures Herzens denkt.

Der Abbé: Madame, ein wenig Rücksicht auf meine Robe, wenn ich bitten darf! Laßt mich bei meinem Handwerk! Was die Prophezeiungen und die Wunder angeht, gebe ich mich wohl ein bißchen geschlagen, aber daß es Märtyrer gegeben hat, steht unbedingt fest; Pascal, der Patriarch von Port-Royal des Champs, hat gesagt: »Ich glaube gern die Geschichten, deren Zeugen sich umbringen lassen.« - Voltaire, Das Diner beim Grafen Boulainvilliers, nach (vol)

Handwerker (6)  

- Robert Crumb

Handwerker (7)  Er hieß Monsieur Gouttman und stellte Devotionalienartikel her, die er selber in den Kirchen und Klöstern verkaufte: Kreuze, Medaillons und Rosenkränze in allen Größen, Kandelaber für Betzimmer, tragbare Altäre, Talmisträuße, Herz-Jesu-Figuren aus blauer Pappe, Heilige Josephs mit rotem Bart, Kalvarienberge aus Porzellan. Gouttman hatte ihn als Lehrling genommen, als er gerade zwölf Jahre alt geworden war; er nahm ihn zu sich nach Hause - eine Art Hütte in der Umgebung von Charny, im Département Meuse - brachte ihn in dem Verschlag unter, der ihm als Werkstatt diente und machte sich daran, ihm mit einer erstaunlichen Geduld, denn er war ansonsten von sehr aufbrausender Art, das beizubringen, was er zu machen verstand. Das dauerte mehrere Jahre, denn er konnte alles machen. Doch trotz seiner zahllosen Talente war Gouttman kein sehr guter Geschäftsmann. Wenn er seine Waren alle verkauft hatte, ging er in die Stadt und verjubelte sein Geld innerhalb von zwei oder drei Tagen. Er kam dann nach Hause und begann wieder zu schnitzen, zu weben, zu flechten, einzufädeln, zu sticken, zu nähen, zu kneten, zu kolorieren, zu lacken, auszuschneiden, zusammenzusetzen, bis er abermals sein Warenlager zusammen hatte, und von Neuem machte er sich auf den Weg, um es zu verkaufen. Eines Tages kam er nicht mehr zurück und Winckler erfuhr später, dass er am Straßenrand, im Argonnerwald, zwischen Islettes und Clermont, erfroren war.   - (per)

Handwerker (8) 


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