Luis Trenker berichtet: "Als der Anschlag auf unser Hindernis
bekannt wird, geht eine große Wandlung in den Gemütern vor sich. Alle sind überzeugt,
daß die entscheidende Stunde unmittelbar bevorsteht, und daß sie uns für alles
entschädigen wird, was wir bisher gelitten haben.Ohne Befehl geht die Mannschaft
daran, Maschinengewehre herzurichten, Handgranaten zu verteilen und Sandsäcke
zu füllen. Am meisten Lärm aber ist um eine neue Waffe los, um ein Ding von
mittelalterlicher Wucht, das anscheinend einen magischen Zauber ausübt, um den
Morgenstern. Wir haben vor kurzem eine Kiste voll davon erhalten. Diese Morgensterne
bestehen aus einem Hartholzstiel, auf den eine Eisenhülse mit fingerlangen.Stacheln
gezogen ist. Die Sendung war begleitet von einem Erlaß des Heeresgruppenkommandos,
in welchem es hieß, daß mit dem Morgenstern dem Soldaten der Alpenländer eine
traditionelle Waffe gegeben wurde. Eine Gebrauchsanweisung enthielt der Erlaß
nicht. Sie war auch überflüssig. Jeder will also einen Morgenstern haben. Und
wer bei der Verteilung zu kurz kommt, bemächtigt sich eines Infanteriespatens,
eines Sturmmessers oder Totschlägers - es muß nur etwas sein, was im Kampf Mann
gegen Mann verwendbar ist. Denn nur so, nur in der unmittelbaren Begegnung mit
dem Feind, vermag die Phantasie ihren Rachegefühlen Ausdruck zu geben."
- Nach: Uwe Nettelbeck, Der Dolomitenkrieg. In: U. N., Mainz wie es singt und lacht Die Ballonfahrer Briefe
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am Main 1976 (entst. 1969-1976)
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